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Gesund in die Zukunft

Das Gesundheitsprogramm »Durch Dick und Dünn« unterstützt Kinder und Jugendliche beim Abnehmen und führt sie Schritt für Schritt zu einem gesünderen Lebensstil.


Foto: Philipp Monihart

Chiara ist ein hübsches und fröhliches Mädchen. Mit ihrer Labradorhündin Luna genießt die Zehnjährige die warmen Sonnenstrahlen im Garten, gemeinsam toben sie herum. Chiara wohnt in Laab am Walde, in einer kleinen Gemeinde im Bezirk Mödling. Für ihre zehn Jahre wirkt sie sehr erwachsen – das war in der Volksschule nicht von Vorteil: Obwohl Chiara erst fünf war, war sie einen Kopf größer als der Rest. „Außerdem kannte ich niemand in der Klasse und war sehr schüchtern“, sagt Chiara und wirkt traurig. Das äußere Erscheinungsbild passte nicht zu ihrer zurückhaltenden Art. Das reichte aus, um ständig von Mitschülerinnen und -schülern gehänselt zu werden. „Da hat die Spirale angefangen“, weiß ihre Mama Manu, „Chiara hat viel Essen in sich reingestopft, vorwiegend Süßigkeiten.“ Schnell hat die Waage Alarm geschlagen. Mama Manu hat gemerkt, dass sie mit Diätversuchen allein nicht weiterkommt: „Chiara hat sukzessive zugenommen. Außerdem hat sie sich ungerecht behandelt gefühlt, wenn ihr älterer Bruder mehr am Teller hatte.“ Gewisse Muster zu durchbrechen ist nicht leicht, daher hat sich die Familie Hilfe geholt und bei »Durch Dick und Dünn« angemeldet – ein Programm der Initiative »Tut gut!« (siehe unten).
Zu Projektbeginn gab’s eine Eingangsuntersuchung mit Leistungstest, dabei wurden sämtliche Gesundheitsparamater abgeklärt: Blutdruck, EKG-Werte, Puls usw. Nach diesem kinder- und jugendärztlichen und sportmedizinischen Check ging’s los. Von September 2014 bis Juni 2015 nahm Chiara an »Durch Dick und Dünn« teil. Das Projekt ist für Kinder und deren Eltern konzipiert, denn auch die Mütter und Väter müssen sich auf einen neuen Lebensstil einlassen, um ihr Kind bestmöglich zu unterstützen. Einmal wöchentlich kamen Tochter und Mutter ins Landesklinikum Mödling und befassten sich in den Einheiten mit den Themen Ernährung, Bewegung und mit psychosozialen Faktoren. Manchmal sind Eltern und Kinder gemeinsam im Kurs, manchmal getrennt. Eine Ernährungsberaterin gibt Tipps, was man statt Süßigkeiten essen kann, wie man Heißhungerattacken umgehen kann und welche Nahrungsmittel und Getränke man meiden sollte. Die Informationen sind kindgerecht aufbereitet und werden spielerisch vermittelt, damit sie gut im Gedächtnis bleiben. Chiara hat viel gelernt: „Ich esse nun viel weniger Süßigkeiten, sondern öfter Salat und trinke vor dem Essen ein Glas Wasser.“ Die Familie hat daheim schon einige Rezepte aus dem Programm nachgekocht wie Gemüsecurry oder Risotto und isst nun generell mehr Gemüse, berichtet Mama Manu: „Wurst haben wir aus dem Kühlschrank verbannt. Nur ab und zu kaufen wir mageren Schinken.“

Sport mit Spaß

In den Sporteinheiten geht es um Freude an der Bewegung, nicht um Leistung. „Die Sporteinheiten waren anfangs nicht beliebt“, erinnert sich Chiara, „aber dann haben sie uns immer mehr Spaß gemacht, obwohl sie manchmal anstrengend waren.“ Die Betreuer haben sich einiges überlegt, um die Kinder zu motivieren: ein Sportparcours mit Hütchen, Ballspiele, Klettern. Chiara mochte am liebsten das Eislaufen. Das aufgeweckte Mädchen hat Bewegung nun in ihren Alltag integriert: „Wir gehen fast jeden Tag ein paar Kilometer. Unserer Hündin Luna tut das auch gut.“ Und mit ihrer Mama läuft Chiara heuer sogar beim Frauenlauf im Wiener Prater mit.
Einmal gab’s eine Typberatung von einer Visagistin, was vor allem die Mädchen begeistert aufgenommen haben. Chiara weiß nun, welche Farben ihr besonders gut stehen – auch ihr heutiges Outfit ist darauf abgestimmt: ein hübsches Karohemd in dunklem Rot-Weiß-Blau. Für Mama Manu waren die psychosozialen Einheiten eine große Hilfe: „Dort haben wir darüber geredet, woher das Problem kommt. Denn wenn Kinder mehr essen, hat das einen Grund. Verschiedene Mechanismen samt Lösungen wurden besprochen.“  

Mehr Selbstvertrauen

Chiara etwa hat während des Programms ihre kreative Ader entdeckt: Sie malt und zeichnet gern, bastelt kleine Kunstwerke, entwirft Visitenkarten und nimmt Gitarrenunterricht. Schritt für Schritt bekommt sie so mehr Selbstbewusstsein. Die Lehrerin hat Chiaras Mutter berichtet, dass sich das Mädchen nicht mehr so abkapselt und beim Sport eifriger mitmacht. Chiara freut sich: „Heute habe ich in der Schule gesehen, dass ich mich beim Bockspringen verbessert habe. Ohne Selbstvertrauen hätte ich das nie geschafft.“
An ihrem Lebensstil hat Chiara schon einiges geändert, viel abgenommen hat sie aber noch nicht. „Um den schnellen Gewichtverlust geht es bei diesem Programm auch nicht vorrangig“, fasst Mama Manu zusammen: „Die Veränderungen greifen langsam, aber stetig. Chiara hat das Werkzeug für ein gesünderes Leben in die Hand bekommen, das ist das Wichtige für einen langfristigen Erfolg.“ Ihr ist es ein Anliegen, allen Expertinnen und Experten des Programms zu danken: „Alle stecken ganz viel Herzblut rein. Das war großartig.“

VORSORGEaktiv

Programm zur nachhaltigen Lebensstiländerung für Erwachsene (ab 18 Jahre)

Das Programm VORSORGEaktiv hilft, langfristig die eigene Gesundheit aktiv zu verbessern. Ärzte, Sport- und Ernährungswissenschafter, Physiotherapeuten, Diaetologen, Gesundheitspsychologen und Psychotherapeuten unterstützen dabei.
Teilnehmen können alle Niederösterreicher über 18 Jahre, bei denen bei der Vorsorgeuntersuchung ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgestellt wird. Der Arzt kann diesen Patienten das Programm VORSORGEaktiv vorschlagen und so über die medikamentöse Behandlung hinaus die Risikofaktoren behandeln. Mehr als 6.000 Personen haben das Programm bereits erfolgreich absolviert.
Anmeldung: Bei Ihrem Arzt oder VORSORGEaktiv-Regionalkoordinator
Informationen: »tut gut«-Hotline: 02742/22655, www.noetutgut.at (in GESUND&LEBEN 12/2015 gab es einen großen Beitrag über VORSORGEaktiv)

Durch Dick und Dünn

Ein Programm der Initiative »Tut gut!« in Zusammenarbeit mit den Kinder- und Jugendabteilungen der NÖ Kliniken

»Durch Dick und Dünn« unterstützt übergewichtige Kinder und Jugendliche gemeinsam mit ihren Eltern beim Ändern von Ernährungsgewohnheiten. Gleichzeitig wird in den Kursen ein aktiveres Freizeitverhalten gefördert, damit Körper- und Selbstbewusstsein gestärkt werden. Fachleute aus den Bereichen Ernährung, Bewegung, Psychologie, Kinder- und Jugendmedizin, Psychotherapie und Pädagogik unterstützen dabei.

Wer kann teilnehmen? Alle niederösterreichischen Kinder und Jugendlichen. Voraussetzungen sind ein positives Aufnahmegespräch und eine Untersuchung zur Abklärung der Gesundheitsparameter.

Kurskosten: 220 Euro (+ 130 Euro Kaution). Die Kaution bekommt man bei Teilnahme an mindestens 75 Prozent der Termine zurück. Laufzeit: ein Jahr, 60 betreute Einheiten für Kinder und 60 parallele Einheiten für deren Eltern

Motivationscamp: 3. bis 16. Juli 2016 in Gaming. Jeden Sommer steht allen ehemaligen und aktuellen Teilnehmenden des Programms das Motivationscamp offen.

Anmeldung & Informationen zu den einzelnen Standorten: »tut gut«-Hotline: 02742/22655, www.noetutgut.at

Früh gegensteuern

Mag. Sonja Urich, Ernährungsberaterin und Teamleiterin von »Durch Dick und Dünn« am Standort Mödling

Was ist das Besondere am Programm »Durch Dick und Dünn«?
Jeder fünfte Bub und jedes sechste Mädchen unter 15 Jahren ist zu dick. Hier muss man gegensteuern. »Durch Dick und Dünn« unterstützt nicht nur übergewichtige Kinder und Jugendliche, sondern auch deren Eltern beim Ändern von Ernährungsgewohnheiten und inaktivem Freizeitverhalten.

Welche Gefahren birgt Übergewicht?
Übergewicht ist nicht nur ein optisches Problem. Bei übergewichtigen Kindern treten Krankheiten auf, mit denen normalerweise erst ältere Menschen zu kämpfen haben: Bluthochdruck, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Gicht, Gelenkverschleiß oder Altersdiabetes. Ganz zu schweigen von der sozialen Ausgrenzung, die dicke Kinder erfahren. Wenn man nicht möglichst früh gegensteuert, ziehen sich die Konsequenzen bis ins Erwachsenenalter: Aus dicken Kindern werden meist dicke Erwachsene, denn zu viele Kilos wachsen sich nicht einfach aus.

Wie werden die Teilnehmenden an ein gesünderes Leben herangeführt?
In betreuten Einheiten werden Kinder und Eltern von Expertinnen und Experten aller Fachrichtungen geschult. Im Mittelpunkt steht nicht verbissenes Kalorienzählen,
sondern Spaß und Motivation in der Gruppe. Neue Freundschaften beim gemeinsamen Einkaufen, Kochen und Sporteln mit „Leidensgefährten“ fördern zudem das Selbstwertgefühl. Einfache Maßnahmen können schon viel bewirken. Bewegung machen, Gewohnheiten ändern, Zeit lassen – das sind Grundsätze für richtiges Abnehmen. Als zusätzliche Motivation gibt es ein Sommercamp, bei dem ehemalige und aktuelle Teilnehmende zusammenkommen, gemeinsam viel Spaß haben und Erfahrungen austauschen können.