Ein beherzter Weg
Herzerkrankungen sind oft auf einen falschen Lebensstil zurückzuführen. Ein Rehabilitationsaufenthalt birgt die Chance, zu einem gesundheitsförderlichen Verhalten zu finden.
Prim. Univ.-Doz. Dr. Sebastian Globits, Internist, Kardiologe und Ärztlicher Leiter des Herz-Kreislauf-Zentrums Groß Gerungs
Mehr als hunderttausendmal pro Tag, drei Milliarden Mal im Laufe eines siebzigjährigen Lebens schlägt das menschliche Herz. Wen wundert es da, dass dieser tausendfach besungene, faustgroße muskuläre Hohlkörper im Laufe des Lebens Abnutzungserscheinungen und Defekte aufweist? Tatsächlich resultieren laut Berichten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 30 Prozent der weltweiten Todesfälle pro Jahr aus Herz- und Gefäßkrankheiten.
Breit gefächerte Problematik
„Der den klinischen Ereignissen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zugrunde liegende Prozess ist die Arteriosklerose, also die Ablagerung von Fett, Bindegewebe und Kalk in der Blutgefäßwand, doch diesem Prozess kann man mit entsprechenden Lebensstilmaßnahmen entgegenwirken“, sagt der ärztliche Leiter des Herz-Kreislauf-Zentrums Groß Gerungs, Prim. Univ.-Doz. Dr. Sebastian Globits. Er betont, dass es in den meisten Fällen Faktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel, zu fettes Essen, damit einhergehendes Übergewicht oder Bluthochdruck sind, die Herzprobleme verursachen. Darüber hinaus ist auch die psychische und soziale Situation eines Menschen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu berücksichtigen: „Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass etwa die Depression oder soziale Isolation das Entstehen dieser Erkrankungen fördert, was bei Witwern und alleinerziehenden Müttern nachgewiesen wurde.“
Ganzheitliches Konzept
Auf all diese Aspekte wird deshalb zum Beispiel in Groß Gerungs im Rahmen eines ganzheitlichen Konzepts Bedacht genommen. Denn bei der Rehabilitation von Herzerkrankungen ist einerseits eine permanente, hochqualifizierte medizinische Betreuung notwendig, andererseits oft auch eine psychologische und soziale Hilfestellung. Betreut werden im Herz-Kreislauf-Zentrum Patientinnen und Patienten mit chronischen Herzerkrankungen (z. B. Herzmuskelschwäche) ebenso wie solche nach einem akuten Herzinfarkt, mit gravierenden Durchblutungsstörungen und nach chirurgischen Eingriffen am Herzen. Das jeweilige Behandlungskonzept wird den individuellen Bedürfnissen angepasst, und allen stehen breit gefächerte diagnostische und therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung.
Bewegung als Schlüsselelement
Ein Herzstück der Rehabilitation in Groß Gerungs ist die Lebensstilmodifikation, die auf den Säulen Bewegung und Ernährung ruht. „Bewegung ist das Schlüsselelement zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagt Globits. „Der Mensch ist eigentlich als Laufmaschine konstruiert, doch seit der Industriellen Revolution haben sich die Dinge so entwickelt, dass wir heute im Schnitt neun Stunden pro Tag sitzen. Das bekommt niemandem, und einem Herzpatienten schon gar nicht.“ Deshalb bietet man Patienten mit Herzerkrankungen ein gezieltes Programm bestehend aus Ausdauertraining (von Gehen über Nordic Walking bis hin zum Fahrrad-Ergometertraining), Krafttraining für die oft stark unterentwickelte Muskulatur und Koordinationstraining mit Bällen, Stöcken und Balancegeräten an. Dies sollte nach dem Rehabilitationsaufenthalt weitergeführt werden.
Die „Herzdiät“
Auch in Sachen Ernährung nimmt man auf die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft Rücksicht und bietet die heute empfohlene mediterrane Diät an. „Die Ernährung sollte sich demgemäß zu 55 Prozent aus Kohlenhydraten, zu 30 Prozent aus Fett und zu 15 Prozent aus Eiweiß zusammensetzen“, erklärt der Experte. Das heißt, man sollte sich vorwiegend von Nudeln, Reis und Erdäpfeln ernähren, das ‚geliebte‘ Schnitzel dazu sollte möglichst klein sein. Zusätzlich sollte man viel Gemüse, Salat und Obst essen sowie ausreichend trinken.“ Vorsicht ist übrigens bei Salz geboten: Es ist zwar essenziell für den Körper, aber in zu hohen Mengen (mehr als drei Gramm pro Tag) kann es das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt deutlich erhöhen.
Auch die psychische Komponente von Herzerkrankungen wird in Groß Gerungs ernst genommen. Zwei Psychologinnen stehen für Beratungsgespräche, bei der Anleitung zu Entspannungsübungen nach Jacobson und für therapeutische Sitzungen zur Verfügung. Besonderer Bedacht wird auf Patienten genommen, die bereits einen Herzinfarkt oder eine Operation am Herzen hinter sich haben. Globits weiß: „Viele Betroffene gehen danach einfach wieder zur Tagesordnung über, doch oft leiden sie dann unter Schlafstörungen, nächtlichen Schweißausbrüchen, Herzrasen etc. Das alles sind Folgen des lebensbedrohlichen Traumas, das ein Herzinfarkt oder eine Herzoperation darstellt. In solchen Fällen kümmert sich ein spezifisch ausgebildeter Traumatherapeut darum, dass die schwerwiegenden Ereignisse verarbeitet werden bzw. man besser damit umzugehen lernt.“
Von der Medizin zum Menschen
Durch die ganzheitliche Sicht auf den Menschen werden im Herz-Kreislauf-Zentrum Groß Gerungs alle physischen und psychischen Aspekte von Herzerkrankungen berücksichtigt und in das therapeutische Handeln integriert. Ein Rehabilitationsaufenthalt birgt somit die Chance, zu einem umfassenden gesundheitsfördernden Verhalten zu finden – zu Ihrem persönlichen beherzten Weg!





