Schmerzen nachhaltig behandeln
Neue Schmerztherapiekonzepte setzen auf die genaue Erfassung der Schmerzursache und die Kombination von „passiven“ und „aktiven“ Behandlungsmaßnahmen.
Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Nuhr, Leiter des Nuhr Medical Center
Schmerzen? Kennt jeder! Die Mittelchen dagegen glaubt auch jeder zu kennen. Und jeder wünscht sich in erster Linie nur, dass die Pein rasch schwindet, am besten mit einer schnell geschluckten Pille. „Schmerz mit Medikamenten zu behandeln ist oft wichtig, bringt aber ohne Erfassung der Ursache zumeist nur kurzfristigen Erfolg. Die nachhaltige Schmerztherapie berücksichtigt dies und setzt zudem auf individuelle, breit gefächerte Behandlungsmethoden, die sich nicht nur auf ein Fachgebiet beschränken“, sagt der Facharzt für Physikalische Medizin und interdisziplinär ausgebildete Schmerzexperte Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Nuhr, der im niederösterreichischen Senftenberg das traditionsreiche Nuhr Medical Center leitet, in dem man auch auf Schmerztherapien spezialisiert ist. Dort erstellt man nach einer genauen Untersuchung und Abklärung der Ursachen gemeinsam mit dem Patienten einen Therapieplan, der Behandlungen aus verschiedenen Bereichen der Medizin enthält: Neben physikalischer und komplementärer Medizin sowie Bewegungstherapie wird auch die gerade bei Schmerzpatienten so wichtige psychische Regeneration berücksichtigt, etwa mit Entspannungsmethoden wie Autogenem Training.
Mit dem Strom ...
Das Herzstück der Schmerztherapien im Nuhr Medical Center ist die sogenannte Arsonvalisation, eine Form der Hochfrequenzstromtherapie, die schon im 19. Jahrhundert entdeckt und von MR Dr. Otto Nuhr, dem Begründer des Gesundheitszentrums in Senftenberg, weiterentwickelt wurde. „Hochfrequenzströme können auch für Heilzwecke genützt werden. Ihre Effekte beschränken sich nicht nur auf eine Schmerzreduktion, sondern fördern auch die Ausschüttung der Stresshormone, die bei Schmerzpatienten in der Regel gestört ist“, erklärt Martin Nuhr. „Dies wiederum wirkt sich auch positiv auf die Genesung und die Reduktion der Schmerzintensität aus.“ Eingesetzt wird diese außergewöhnliche Form der Schmerztherapie vor allem zur Behandlung von Wirbelsäulen- und Bandscheibenerkrankungen sowie bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, aber auch bei arteriellen Durchblutungsstörungen oder stressbedingten Erschöpfungszuständen.
Ebenfalls zur Elektrotherapie, jedoch im niederfrequenten Bereich, gehört die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS), die ihre Wirksamkeit vor allem bei neuropathischen Schmerzen zeigt und sehr gute schmerzlindernde und muskelrelaxierende Effekte aufweist.
Ein ganz besonderes Licht
Ein anderes effektives Tool ist die Low-Level-Flächenlasertherapie. „Es handelt sich dabei um eine Regulationstherapie, bei der durch die Bestrahlung der Stoffwechsel der Körperzellen positiv beeinflusst wird“, erklärt Nuhr. „In der Zelle werden verschiedene biochemische Vorgänge aktiviert, die Abwehrkraft gesteigert und in der Folge die Heilung beschleunigt. Dadurch erreicht man bei Erkrankungen wie etwa Abnützungserscheinungen der Gelenke und der Wirbelsäule oder aber bei Nervenläsionen oder Migräne hervorragende therapeutische Erfolge.“ Besondere Effekte erzielt die Flächenlasertherapie unter anderem in der Schmerzlinderung, Entzündungshemmung oder Verringerung von Schwellungen.
Mit Kälte gegen die Pein
Eine weitere Möglichkeit im Kampf gegen den Schmerz ist die sogenannte Kryotherapie (Kältetherapie). „Die Kältetherapie nutzt die Tatsache, dass sich Blutgefäße bei Kältereizen zusammenziehen, die Muskeln angespannt werden, der Flüssigkeitsaustritt aus Blut- und Lymphgefäßen verringert und die Haut schwächer durchblutet wird. Zudem wird durch eine verringerte Körpertemperatur die Aktivität der Entzündungsmediatoren gehemmt. Und da die Reflexe des Nervensystems bei Kälte generell herabgesetzt sind, nimmt auch die Schmerzempfindung, beispielsweise in den Gelenken und Muskeln, ab“, erklärt der Experte. „Lang andauernde Kältereize vermindern die Muskelaktivität, dadurch sinkt die Muskelspannung, Verkrampfungen werden gelockert.“
Eine besondere Form der Kryotherapie ist die Kaltgas-Therapie, bei der die Kälte durch verdampfenden Stickstoff gewonnen wird – diese trockene Kälte ist auch für kälteempfindliche Patienten geeignet. Eingesetzt wird sie etwa bei akuten Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, nach Zerrungen und Prellungen oder bei Überlastungssyndromen wie Sehnenscheiden- oder Schleimbeutelentzündungen. Aber auch bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises können vor allem die akuten und subakuten Entzündungen durch Kälte positiv beeinflusst und damit zusammenhängende Schmerzen deutlich gelindert werden.
Individuelle Schmerztherapie
Zahlreiche weitere innovative wie auch konservative und komplementärmedizinische Methoden dienen der Schmerzlinderung, wie die Mechanotherapie, die Akupunktur, Laserbehandlungen, Moxa, die pulsierende Magnetfeldtherapie oder Biofeedback. Im Zentrum steht der Patient mit seinen individuellen Beschwerden, erklärt Nuhr: „Unser erstes und oberstes Ziel ist die Schmerzfreiheit oder zumindest die deutliche Schmerzlinderung. Nachdem das erreicht ist, geht es um Nachhaltigkeit, und sie erzielen wir vor allem deshalb, weil wir die passiven physikalischen Therapiemaßnahmen immer mit solchen kombinieren, bei denen der Patient aktiv mitbeteiligt ist. Jeder Schmerzgeplagte erhält von uns ein maßgeschneidertes Therapiekonzept, das er auch nach dem Aufenthalt hier zu Hause weiterführen sollte, denn nur dann kann der Schmerz nachhaltig beseitigt oder gelindert werden.“
Akute & chronische Schmerzen
Wenn Schmerzen plötzlich einsetzen, werden sie als akut bezeichnet. Akute Schmerzen bedeuten in erster Linie eine Warnung für plötzliche Gewebeschädigung. Weitere Beispiele sind Wundschmerz, Zahnschmerz, Hexenschuss oder Schmerzen beim Herzinfarkt.
Schmerzen werden chronisch, wenn eine schmerzhafte Erkrankung anhält oder die Schmerzursache nicht beseitigt werden kann. Diese Schmerzen bestehen dann über einen längeren Zeitraum. Beispiele für chronische Schmerzen wären Abnützungserscheinungen der Gelenke, Durchblutungsstörungen der Beine oder Schmerzen im Rahmen von Krebserkrankungen. Normalerweise sind dann bereits Gewebeschäden eingetreten und der Schmerz hat keine Warnfunktion mehr. In diesem Fall wird der Schmerz häufig zur größeren Belastung als die Erkrankung an sich.
Chronische Schmerzen können zermürben, sie beeinflussen den Schlaf und die Stimmung. Oftmals kann man am normalen Leben nicht teilnehmen und fühlt sich isoliert. Deshalb müssen Dauerschmerzen sorgfältig behandelt werden. Nicht immer aber können chronische Schmerzen vollständig ausgeschaltet werden. Das Ziel ist, die Schmerzen auf ein geringes Maß zu reduzieren, damit sie den Tagesablauf nicht mehr stören und für den Betroffenen individuell gut verträglich sind.
Was ist Schmerz?
Schmerzen entstehen durch eine Reizung von Nervenfasern. Eine solche Reizung kann beispielsweise durch Entzündung, Verletzung, Hitze, Kälte oder Druck sowie durch Abnützungserscheinungen hervorgerufen werden. Wird ein Nerv gereizt, sendet er Schmerzsignale über verschiedene Nervenbahnen ins Schmerzzentrum im Gehirn. Dort werden diese Signale verarbeitet und erhalten eine gefühlsbetonte Komponente. Aus diesem Grund kann die Schmerzempfindung durch das seelische Befinden beeinflusst werden. Jeder Mensch empfindet Schmerzen unterschiedlich, abhängig von seiner individuellen Veranlagung und der Stimmungslage. Schmerzen, die einer kaum wahrnimmt, können für jemand anderen unerträglich sein.





