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Der Tanz in der Luft

Um zu jonglieren, muss man nicht unbedingt ein Clown im Zirkus sein: Das Spiel mit den Bällen ist für Jung und Alt leicht erlernbar, fördert die Konzentration und sorgt für jede Menge Spaß.


Foto: Gerald Lechner

Man kennt es aus den frühen Tagen der Kindheit: Den Besuch im Zirkus mit den Tieren, Akrobatiktänzern und vor allem dem Clown, der aus seiner Tasche Bälle hervorzaubert und zu jonglieren beginnt. So manch einer wünschte sich damals insgeheim, selbst die Bälle in der Luft tanzen lassen zu können, aber: Das wird nie etwas, denken viele, dazu braucht man doch Talent, mehr Koordination oder zumindest mehr Geschicklichkeit. Das ist jedoch ein Irrglaube, denn Jonglieren kann man leicht und einfach lernen, und das nicht nur als Kind, sondern in jedem Alter. Und: Es ist noch dazu ein richtig gutes Training für die Nervenzellen im Gehirn.

Beide Gehirnhälften aktiviert

Die Bewegungen beim Werfen und Fangen der Bälle sorgen dafür, dass der ganze Körper und das Gehirn kräftig durchblutet und mit jeder Menge Sauerstoff versorgt werden. Vor allem das Spiel mit beiden Händen fordert besonders unser Gehirn, erklärt Mag. Andrea Frühwirth, Bewegungsexpertin der Initiative »Tut gut!«: „Die linke Hand dient der rechten Gehirnhälfte und umgekehrt. Beide Gehirnhälften sind beim Jonglieren aktiviert. Dieses Zusammenspiel wirkt sich positiv auf die Gehirnleistung aus.“
Ein weiterer Vorteil: Beide Hände werden gleich beansprucht – die schwächere Hand wird mittrainiert und die einseitige Händigkeit aufgehoben. Jongliert wird dabei mit allen Sinnen: Es fördert das konzentrierte Denken und die visuelle Wahrnehmung und verfeinert die Auge-Hand Koordination und Feinmotorik. Hat man einmal angefangen mit dem luftigen Spiel, dann macht es vor allem eines: jede Menge Spaß. „Die meisten Menschen erzielen bereits nach wenigen Minuten erste Erfolge. Man wird sicherer und der Spaß am Jonglieren wächst“, weiß Frühwirth. Dabei wird neben dem Glückshormon Dopamin, das wach und vor allem zufrieden macht, auch das Protein BDNF ausgeschüttet, der sogenannte Wunderdünger des Gehirns, das dafür sorgt, dass im Gehirn neue Gehirnzellen heranwachsen.

Erste Versuche mit Sandsäckchen

Jonglieren macht also zufrieden und sorgt gleichzeitig für jede Menge Action im Gehirn. Und wie lernt man den Klassiker aus dem Zirkus? Am besten startet man, vor allem im Spiel mit Kindern, nicht mit Bällen, sondern mit Sandsäckchen. Grundlage ist ein guter Stand – die Füße hüftbreit, um die eigene Mitte zu finden. Man beginnt mit einem Sandsäckchen, wirft es ein bisschen über Kopfhöhe und fängt es etwas unter dem Bauchnabel mit derselben Hand auf, mit der man es hochgeworfen hat. Wichtig: Dem Säckchen nicht ständig nachschauen, sondern den Punkt fixieren, an dem sich das Säckchen in der Luft dreht. Beim nächsten Wurf das Säckchen mit der anderen Hand fangen. Danach kann man mit dem Kreuzwurf beginnen: Man wirft die beiden Sackerl hintereinander überkreuz in die Luft, ohne sie aufzufangen. Dann den Abstand des Werfens nach und nach verkürzen, bis man versucht, die Säckchen mit den Händen aufzufangen. Versucht man es mit drei Säckchen, wirft man sie wieder zuerst in die Luft, ohne sie aufzufangen.
Ähnlich kann man auch mit dem Jonglieren von Tüchern beginnen; man nimmt das Tuch in der Mitte mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger und wirft es möglichst hoch in die Luft. „Es ist wichtig, diese Vorübungen immer wieder zu wiederholen. Erst danach kann man mit Jonglierbällen üben“, sagt die Expertin.

Spielen für drinnen

Nicht nur das Jonglieren selbst ist für die Kinder ein großer Spaß, sondern auch das Basteln der Bälle: „Es ist wichtig für eine gesunde Entwicklung der Kinder, dass sie mit unterschiedlichsten Materialien aus dem Alltag experimentieren können. Damit schulen sie die Wahrnehmung und die Kreativität“, sagt Andrea Frühwirth.
Und sieht man sich im eigenen Zuhause einmal genauer um, lassen sich schnell jede Menge Gegenstände entdecken, die mit etwas Geschick in fantasievolle Spiele mit eingebunden werden können. Aus Zeitungen lassen sich Bälle basteln, die dann zum Fußballspielen oder zum Hockeyspielen – mit dazu passendem Schläger aus Zeitungspapier – verwendet werden können. Besonders knifflig wird es, wenn man sich ein Blatt der Zeitung auf die Brust legt und damit durch den Raum läuft, ohne das Papier zu verlieren. Und lässt man die Kinder das Papier nach Herzenslaune zerreißen und die Schnipsel mit den Zehen aufheben, trainiert das wiederum die Wahrnehmung und die motorischen Fähigkeiten. Mit Schwämmen lassen sich bunte Burgen bauen, mit Bierdeckeln am Kopf zu balancieren sorgt für eine bessere Rückenhaltung und Naturmaterialien wie Äste oder Zapfen sind erfahrungsgemäß sowieso sehr beliebt bei Kindern. Darum gilt vor allem jetzt im beginnenden Herbst: Raus in die Natur und rein ins Abenteuer!

Jonglierbälle selbst herstellen 

Es ist ganz einfach und kostet fast nichts: Jonglierbälle basteln. Dazu benötigt man nur eine kleine Plastikflasche, einen Trichter, zwei bis drei Luftballons, Kleber, eine Schere und Reis oder Vogelfutter. Und so funktioniert es: Zuerst die Plastikflasche circa fünf Zentimeter mit dem Reis oder Vogelfutter befüllen; hier ist es hilfreich, vorher eine Markierung an der Flasche anzubringen. Dann den Luftballon aufblasen und zuhalten, damit die Luft nicht entweichen kann. Die Öffnung des Luftballons über den Flaschenhals stülpen und den Ballon anfüllen. Dann die restliche Luft aus dem Luftballons auslassen und die Öffnung zukleben – fertig ist ein selbstgemachter Jonglierball. Zum Verzieren einen Ballon in feine Streifen schneiden und über den Ball ziehen. Geht auch mit Gummiringerln.