Bewegung ist alles
Jeden Tag eine Bewegungsstunde in der Schule – diese Forderung ist mehr als berechtigt, wie verschiedene Studien zeigen. Denn nur Menschen, die sich genug bewegen, sind und bleiben geistig und körperlich gesund – egal in welchem Alter.
Wir bewegen uns zu wenig, und zwar der Großteil der Bevölkerung. Mit fatalen Folgen, denn Bewegung ist enorm wichtig für jeden von uns – vom Baby- bis zum späten Seniorenalter. Wir brauchen Bewegung, um körperlich, geistig und seelisch gesund zu bleiben. Das zeigen zahlreiche Studien. So berichtet die Bewegungsexpertin Dr. Petra Mommert-Jauch vom Institut für Sport und Rehabilitation in Bad Dürrheim (BRD), dass wir heute im Schnitt gerade einmal 400 bis 800 Meter pro Tag zu Fuß zurücklegen – während unsere Vorfahren, die Neandertaler, noch 40 km am Tag gingen. „Viele Studien belegen den Zusammenhang von Bewegungsmangel und Übergewicht, mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ja sogar mit Krebs. Und den Zusammenhang von Bewegungsmangel mit Gebrechlichkeit – je nach Bewegungspensum kann man schon vor 60 oder erst mit über 80 gebrechlich werden.“
Und die Studien zeigen auch: Flotte Geher leben länger – man kann das sogar ganz klar erkennen. Mommert-Jauch weiß: „Ein Mann, der mit 65 Jahren beim flotten Gehen im Alltag 1,6 Meter pro Sekunde zurücklegt, hat laut Studien noch eine Lebenserwartung von 33 Jahren.“
Faul macht dumm, dick und traurig
Denn flottes Gehen verlangt eine Menge an Leistungen: Die Muskeln müssen dazu bereit sein, ebenso das Herz-Kreislauf-System. Die Gelenke müssen die Leistung erbringen können und dafür regelmäßig gefordert sein. Das Gehirn muss ebenfalls eine Menge leisten beim Ansteuern der Muskeln, um die Bewegung überhaupt ausführen zu können. Und Mommert-Jauch bringt die Gründe für diese Anstrengungen pointiert auf den Punkt: „Faul macht dumm, dick und traurig.
Das lässt sich sehr gut belegen.“ Das Gegenrezept: Wer sich in Summe vier Stunden pro Woche flott bewegt, sich dabei also etwas anstrengt, der schützt Körper, Seele und Geist und regeneriert sich. Mommert-Jauch: „Die Anstrengung muss schon spürbar sein – nicht nur Walking and Talking!“ Dafür bekommt man Übergewicht, Herzinfarkt- und Diabetes-Risiko in den Griff, tut aber auch etwas gegen Demenz und Depression und mindert die negativen Folgen, die Stress anrichten kann: Stress zerstört Nervenzellen und schädigt das Gehirn und letztendlich sogar unsere Zellen. Deshalb ist alles gut, was den Stresslevel im Alltag senkt.
Bewegung von Anfang an
Doch noch besser, als sich so ein bewegtes Leben in späteren Jahren mühsam anzuerziehen, ist, es schon von klein auf gewöhnt zu sein. Und genau das ist die Strategie, die das Land Niederösterreich und die Initiative »Tut gut!« durch zahlreiche Projekte fahren. Und das ist auch der Grund, warum Ihnen GESUND+LEBEN immer wieder Lust auf Bewegung machen will – diesmal mit der Titelgeschichte zum Mutter-Eltern-Kind-Turnen (Seite 42). „Fünf Turnstunden pro Woche“ fordern etwa der für die Landeskliniken zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka und Sport-Landesrätin Dr. Petra Bohuslav: „Kinder müssen sich von Anfang an viel bewegen, das muss auch im Kindergarten gefördert werden, in den Schulen, in der Nachmittagsbetreuung – überall. Denn da Gesundheit zu 40 Prozent vom Lebensstil abhängt, haben wir hier den stärksten Hebel.“
Jedes vierte Kind hat Übergewicht
Eine in NÖ erhobene Studie zeigt, dass gerade Kinder und Jugendliche sich viel zu wenig bewegen – so ist nur jede fünfte Schülerin, jeder fünfte Schüler so sportlich unterwegs, wie es die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert. Denn jedes Kind und jeder und jede Jugendliche braucht 60 Minuten Bewegung pro Tag – als Minimum. Und schon jetzt leiden 25 Prozent der Kinder und 40 Prozent der Erwachsenen an Übergewicht. Übergewichtige Kinder werden in der Regel übergewichtige bis adipöse Erwachsene – mit gewaltigen Einschränkungen der Gesundheit und schließlich auch mit hohen Gesundheitskosten für die Allgemeinheit.
Deshalb setzt die Initiative »Tut gut!« mit dem Programm »Gesunde Schule« breitflächig bei den NÖ Schulen an – mit bereits mehr als 100 teilnehmenden Schulen (siehe Seite 9). Das Land NÖ hat auch bereits ein eigenes Ausbildungsprogramm für Lehrerinnen und Lehrer gestartet. Und die Initiative Sportland NÖ kümmert sich mit vielfältigen Aktionen um mehr Sportangebote und ihre Vernetzung in den Gemeinden, zum Beispiel mit dem Wettbewerb zur sportfreundlichen Gemeinde (siehe Seite 3). Denn Sport solle „so selbstverständlich sein wie Zähneputzen“, sagt Petra Bohuslav. Sport habe noch viele weitere Benefits für Kinder und Jugendliche: In der Gruppe macht er mehr Spaß, man hält die Termine auch eher ein. Und man lernt Fähigkeiten wie Teamgeist, Durchhaltevermögen, Zielorientiertheit und Ausdauer, ganz abgesehen von den Benefits jeder einzelnen Sportart wie Kondition, Ausdauer, Kraft und Geschicklichkeit. Deshalb fördert das Land NÖ zahlreiche Aktionen, wie zum Beispiel Skikids.
Fünf Turnstunden pro Woche!
Bohuslav und Sobotka fordern den Bund auf, die Bundesschulen im Sportstättenbau und beim Anpassen der Lehrpläne für die tägliche Turnstunde zu unterstützen. Denn die Schule sei ein bedeutender Puzzlestein, um sich ein bewegungsorientiertes Leben anzugewöhnen.
Und welche Schulstunden sollten statt den zusätzlichen Sportstunden gestrichen werden? Eine Studie aus Kanada belegt ganz klar: auch wenn beispielsweise eine Unterrichtsstunde Mathematik dem Bewegungs- und Sportunterricht zum Opfer fällt, verschlechtern sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Mathe nicht, im Gegenteil, sie bleiben mindestens gleich, oder werden sogar besser! Daher empfehlen die beiden Regierungsmitglieder einfach allen Schulen, im Rahmen der Autonomie möglichst rasch auf eine tägliche Turnstunde umzustellen – zum Wohle der Kinder und Jugendlichen in Niederösterreich.





