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Bewegte Schule

Bewegung aktiviert nicht nur den Körper, sondern auch das Gehirn. In der Volksschule in Gerasdorf bei Wien wird auf Lernen mit und durch Bewegung besonders Wert gelegt.


Foto: gerald lechner

Es ist ruhig im Schulgebäude der Volksschule Gerasdorf bei Wien. Überraschend ruhig, wenn man bedenkt, dass die Schülerinnen und Schüler hier ab und zu auch während des Unterrichts „bewegt lernen“ dürfen, das heißt in verschiedenen Positionen am Tisch, auf Rollbrettern oder auf kleinen Teppichen am Boden. Etwas lauter wird es auf dem Weg zum Turnsaal – dort ist gerade ein riesiger Gerätedschungel aufgebaut: Ein paar Mädchen schwingen auf langen Schaukeln durch den Raum, im hinteren Teil werden an der Kletterwand erste Kletterversuche gewagt, links vorne fahren Buben auf kleinen Vierrädern durch einen Parcours. „Der Gerätedschungel wird ein- bis zweimal pro Woche in der Früh aufgebaut und kann von allen Klassen den ganzen Tag genutzt werden“, erklärt Direktorin Martina Totzenberger. „Ein ausgebildeter Kletterlehrer kommt regelmäßig zu uns, sonst gibt es das Klettern als Zusatzangebot am Nachmittag.“
Weiter geht es durch die weitläufige helle Schule in den begrünten Innenhof. „Das ist unsere sogenannte Freiraumklasse, die ebenfalls alle Kinder nutzen können“, zeigt Totzenberger auf einige Tische und Bänke, wo gerade fleißig gebastelt wird. An der frischen Luft arbeiten die Schülerinnen und Schüler der 3A heute mit buntem Papier, Glitzerstiften und schimmernden Perlen.
Die Schulglocke läutet zur großen Pause. Über das Stiegenhaus geht es in den ersten Stock, jetzt wird es doch richtig laut – in diesem Gang haben heute die Klassenlehrerinnen für ihre Schützlinge die Spieltaschen herausgestellt. Dort dürfen sie sich an Spielsachen, kleinen Hütchen fürs Parcours-Abstecken, Hüpfsäcken und vielem mehr bedienen, denn es ist Zeit für die bewegte Pause. „Diese finden jeden Tag statt, aber immer abwechselnd. Meistens tun sich ein paar Lehrerinnen zusammen und gehen mit drei bis vier Klassen auf den Gang oder in den Schulgarten“, sagt Totzenberger. Heute fällt die bewegte Pause sogar mit der „gesunden Jause“ zusammen: Hier wechseln sich die Eltern der Schüler regelmäßig ab und bringen kleine Snacks wie Gemüsesticks, Joghurt, Vollkornbrot mit Butter und Obst für die ganze Klasse mit. „Wir sind auch eine Wasserschule, das heißt unsere Schülerinnen und Schüler trinken nur Wasser und keine überzuckerten Milchprodukte oder Ähnliches.“

Kleine Vorbilder

Ein unglaublich breit gefächertes Angebot – ist man da auch Vorbild für andere Schulen? „Uns ist klar, dass wir hier mit den räumlichen Gegebenheiten und der tollen Unterstützung der Stadtgemeinde Gerasdorf bei Wien – sowohl draußen als auch drinnen – großes Glück haben. Trotzdem hoffen wir, dass wir mit unserer Einstellung zu Bewegungs- und Gesundheitsförderung als Vorbild für andere Schulen fungieren können, die sich davon – angepasst auf ihre Schulgröße – etwas mitnehmen können“, meint Direktorin Totzenberger.
Ein Engagement, das sich lohnt: Seit 2009 wurde der Volksschule Gerasdorf bei Wien jedes Jahr das „NÖ Schulsport-Gütesiegel“ des Landesschulrates für Niederösterreich (siehe Kasten Seite 34) verliehen: „Wir wollen damit Schulen vor den Vorhang bitten, die ein breites Angebot im Bereich Bewegung, Sport und Gesundheit bieten“, erklärt Fachinspektor für Bewegungserziehung und Sport Mag. Gerhard Angerer. „Es ist ein Qualitätszertifikat für die Schule und ein Zeichen, dass Sport und Gesundheit wieder in sind“, freut sich Angerer. Durch die regelmäßige Bewegung wird nicht nur die physische, die psychische und die soziale Gesundheit gefördert, sondern auch die Konzentrationsfähigkeit und damit die Lernbereitschaft.
Davon ist auch Totzenberger überzeugt: „Bewegung steigert die Gehirnaktivität, deshalb gibt es für unsere Schülerinnen und Schüler auch zwischen dem Unterricht immer wieder die Möglichkeit, kurz das Hirn auslüften zu gehen – denn sich die 50 Minuten einer Schulstunde lang zu fokussieren kann ganz schön anstrengend für die Kinder sein.“ Nach solch einer kurzen bewegten Pause wird effizienter und konzentrierter gearbeitet – und so macht auch das Lernen wieder viel mehr Spaß!Susanne Lehrner

NÖ Schulsport-Gütesiegel    

Was? Das NÖ Schulsport Gütesiegel wird vom Landesschulrat für Niederösterreich in Zusammenarbeit mit der NÖ Landesregierung verliehen. Es ist eine Auszeichnung und Anerkennung für Schulen, die sich durch besondere Aktivitäten und Initiativen im Bereich Bewegung, Sport und Gesundheit um ein bewegungs- und gesundheitsorientiertes Schulleben bemühen. Das Schulsportgütesiegel wird in Gold, Silber und Bronze verliehen und hat eine Gültigkeit von vier Jahren. Die Siegerschule jeder Kategorie bekommt einen Scheck im Wert von 1.000 Euro für den Einkauf von Sportgeräten vom Sportland NÖ.

Wer? In folgenden sechs Kategorien wird das Schulsportgütesiegel verliehen: Berufsschulen, allgemeine Volksschulen und Sonderschulen, Neue Mittelschulen, berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMHS), allgemein bildende höhere Schulen (AHS) und Schulen mit sportlicher Schwerpunktsetzung.

Wie? Für die Verleihung des Schulsportgütesiegels muss man unter
www.schulsportinfo.at einen Online-Fragebogen ausfüllen und einreichen – folgende Schwerpunkte (Auswahl) muss die Schule setzen:

  • ausreichend verfügbare Sportanlagen an der Schule oder in unmittelbarer Nähe
  • sportspezifische Ausbildungen bzw. Fortbildungen der Lehrerinnen und Lehrer
  • „Bewegte Pause“ wird angeboten
  • Teilnahme an Sportwettkämpfen (schulintern und -extern)
  • Zusammenarbeit mit Sportvereinen
  • Nachmittagsbetreuung mit Sportangeboten
  • Schulveranstaltungen oder schulbezogene Veranstaltungen mit bewegungsorientierten Inhalten (Winter-, Sommersportwoche, Schwimmtage etc.)
  • Integrationsschüler bzw. Schüler mit besonderen Bedürfnissen sind im Unterricht für Bewegung und Sport und bei Schulveranstaltungen mit sportlichem Inhalt integriert

Mag. Gerhard Angerer, Fach-inspektor beim NÖ Landesschulrat