Wohnen im Alter
Selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden – so wollen die Menschen in Niederösterreich bis zum Lebensende wohnen. Das lässt sich machen. Wie? GESUND&LEBEN hat Antworten vom Experten.
Irgendwann fängt man an, sich darüber Gedanken zu machen, wo man den Rest des Lebens leben und wohnen will, welche Menschen man in der Nähe haben möchte und wie dieses Leben dann aussehen sollte. Und dann beginnen die Fragen: Was, wenn ich nicht mehr so viel Kraft habe? Mich zum Beispiel nicht mehr so sicher auf die Leiter stellen kann, um den Vorhang aufzuhängen? Vielleicht nicht mehr gut die Einkäufe nach Hause schleppen kann? Wenn ich zu unsicher werde beim Autofahren? Am Rad Angst habe vor dem Umfallen? Und wie sieht es gar aus, wenn meine Beine mich nicht mehr tragen?
Diese Fragen sind nicht angenehm. Aber es ist sinnvoll sich damit zu beschäftigen, wenn man noch im Vollbesitz seiner Kräfte ist und auch noch Geld verdient und investieren kann. Denn idealerweise beschäftigt man sich mit diesen Themen bereits, wenn man noch im Arbeitsprozess steht, sagt Manfred Aigner, Pflegedirektor des Roten Kreuz Niederösterreich: „Dann ist die richtige Zeit dafür, sich Gedanken um das ‚Altsein‘ und ‚Altwerden‘ zu machen.“ Da diese Themen im Erwerbsleben meist nicht im Fokus der Menschen stehen, sei spätestens die Pensionierung, oder die des Partners, der Zeitpunkt, an dem derartige Gedanken sinnvoll sind. „Holen Sie sich spätestens dann entsprechende Informationen über Wohnen und Leben im Alter“,
rät Aigner. Dann müssen Fragen beantwortet werden wie:
- Wo möchte ich im Alter wohnen? (Wie sind meine Ziele im täglichen Alltag erreichbar, gibt es öffentliche Verkehrsmittel etc.)
- Wie möchte ich meine Freizeit gestalten? (Welche Freizeitangebote werden in meinen Umfeld angeboten? Was möchte ich in meiner Freizeit unternehmen etc. )
- Wie muss meine Wohnung für meine Bedürfnisse im Alter angepasst und adaptiert werden? (Badezimmer behindertengerecht umbauen etc.)
Wohnraum vorbereiten
Und wie muss Wohnraum aussehen, damit man gut darin alt werden kann? Schließlich lässt mit den Jahren die Muskelkraft nach, aber auch die Augen und Ohren funktionieren nicht mehr so gut. Daraus ergeben sich einige nötige Veränderungen, die spätestens im höheren Alter notwendig werden. Man kann aber durchaus schon beim Planen des eigenen Hauses daran denken, dass man vielleicht eines Tages keine Treppen mehr bewältigen kann. So kann man Stufen vor dem Eingang vermeiden und bei der Planung darauf achten, dass auch im Erdgeschoß ein Zimmer für einen bettlägrigen Bewohner benützbar sein könnte. Auch eine Toilette mit Rollstuhl-geeigneter Türbreite und genug Platz, um jemanden auf die Toilette zu heben, ist kein Luxus, sondern eine sinnvolle Investition – schließlich weiß man nie, was das Leben so mit sich bringt.
Eine altersgerechte bzw. behindertengerechte Wohnung muss laut Pflegeexperten Aigner folgende Ausstattungen vorweisen, um ein entsprechendes Leben im Alter gewährleisten zu können:
- keine Türschwellen
- wenn Teppiche vom Mieter gewünscht sind, dann nur mit rutschfester Unterlage unter dem Teppich
- keine Hochglanz- oder geölten Böden (Sichtbehinderung im Alter, da reflektierendes Licht untertags die Sicht nimmt)
- große Schriftzeichen am Herd (Zahlen müssen gut erkennbar sein); keine Touchscreen-Funktion im hohen Alter
- Zentralheizung/Fernwärme (oft ein Problem bei der ländlichen Bevölkerung, die häufig noch mit Holz heizt)
- Einstiegs-/Ausstiegshilfe (Haltegriffe) bei der Badewanne
- sonst Badewanne entfernen und gegen eine stufenlose Duschwanne austauschen lassen (finanzielle Ressourcen beachten)
- Einhand-Mischer bei den Armaturen (ansonsten besteht Verbrennungsgefahr)
- Toilettensitzerhöhung und Haltegriffe, die das Aufstehen und Hinsetzen auf die Toilette erleichtern
- schwenkbarer Spiegel (im Alter wird man kleiner und somit sieht man häufig sein Spiegelbild nicht mehr bei standardisiert angebrachten Spiegeln im Bad)
- Sessel mit Armlehnen (erleichtern das Aufstehen im Alter)
- Küchenkästen in Griffhöhe anbringen (Erreichbarkeit der einzelnen Gegenstände beachten)
- 90 cm Türdurchgang, damit gegebenenfalls Rollstühle oder Rollatoren durch gehen
- Festnetzanschluss für das Installieren einer Rufhilfe
- Steckdosen und Lichtschalter in Griffhöhe anbringen
- Wohnung sollte behindertengerecht erreichbar sein (Erdgeschoss oder mit Lift barrierefrei erreichbar sein)
Wer unsicher ist, kann sich hier von den mobilen Diensten wie Volkshilfe, NÖ Hilfswerk, Caritas oder Rotes Kreuz beraten lassen. Diese Dienste werden vom Land NÖ finanziell unterstützt, damit sie der Bevölkerung durch ihre Serviceleistungen ermöglichen, zu Hause alt zu werden. Pflegedirektor Manfred Aigner: „Das Rote Kreuz bietet eine entsprechende Hilfe im Rahmen der Angehörigenberatung an. Weiters erarbeiten wir bei der Aufnahme in die mobile Pflege und Betreuung eine Checkliste darüber, welche Maßnahmen nötig sind, damit man
weiter zu Hause leben kann.“
Alternativen zum Leben
Aus Erfahrung weiß Aigner, dass es für das persönliche Wohlbefinden keine Alternative zu den eigenen vier Wänden gibt. „Daher wird generell versucht, die Pflege und Betreuung bis zum Lebensende in den eigenen vier Wänden zu leisten.“ Wer will, kann im Alter zahlreiche Unterstützungen und Betreuungsangebote für sein Zuhause suchen – beispielsweise beginnend mit einem Besuchsdienst durch ehrenamtliche Helfer, die über die mobilen Dienste organisiert werden. Man kann Hilfe im Alltag buchen, die Reinigungstätigkeiten übernimmt oder auf andere Weise bei der Führung des Haushalts hilft, bis hin zu einer Heimhilfe oder Pflegehilfe, die entsprechende Pflegetätigkeiten durchführt und eine Pflegefachkraft für medizinisch-pflegerische Tätigkeiten. Man kann sich auch täglich eine warme Mahlzeit liefern lassen, „Essen auf Rädern“ wird in Niederösterreich meist von zertifizierten Großküchen wie zum Beispiel aus den NÖ Kliniken geliefert. Diese Mahlzeiten sind ausgewogen und nach dem neuesten Wissen der Ernährungswissenschaft zusammengestellt. Meist kann man zwischen verschiedenen Menüs wählen.
Reichen die mobilen Dienste nicht aus oder möchte man ein anderes Umfeld, kann man die Wohnformen des betreubaren und des betreuten Wohnens wählen, und in den größeren Städten das Angebot der geriatrischen Wohngemeinschaften, wie es zurzeit in Wien sehr positiv angenommen wird. Betreubares Wohnen bedeutet, dass man alles alleine macht, was man selber machen kann, dass man aber, wenn es nicht mehr so gut klappt, vom Notruf bis zur täglichen Hilfe diverse Dienste buchen kann, weil die Pflege- und Betreuungspersonen im Haus sind. Aigner: „Diese Wohnformen sind eine wichtige und sehr sinnvolle Alternative zum Pflegeheim. Denn viele Menschen sehen Pflegeheime trotz aller Neuerungen und Verbesserungen nicht als echte Alternative an.“
Was Angehörige brauchen
Doch nicht nur älter werdende Menschen sollten sich mit der künftigen Wohnsituation beschäftigen. Oft sind Angehörige und Freunde früher alarmiert und daran interessiert, sichere Lösungen für mögliche Probleme im Alter zu haben. Pflegedirektor Aigner rät: „Der Angehörige sollte sich gut und ausführlich informieren. Es hilft allen Beteiligten sehr, wenn man gemeinsam die unterschiedlichen Betreuungs- und Pflegeangebote sowie Wohnformen besucht und das jeweilige Angebot erfragt, aber auch gemeinsam hinterfragt.“ Wichtig sei, ausschließlich jene Angebote zu besuchen, die durch qualitätssichernde Maßnahmen kontrolliert werden und eine entsprechende Förderung von Land oder Stadt erhalten. Lockangebote wie überdurchschnittlich billige Angebote sollte man sicherheitshalber ausschließen, rät Aigner aus Erfahrung, „denn da wird häufig am Personal gespart, was schlecht für die jeweilige zu betreuende Person ist.“
Sicher leben im Alter
Ist die Wohnung so ausgestattet, dass man seinen Alltag gut bewältigen kann (keine Stolperfallen, keine Rutschgefahr, alle nötigen Gegenstände in Reichweite), gibt es noch eine ganze Reihe an Möglichkeiten, wie man sicher leben kann:
- einfache Nachbarschaftshilfe: Ein Nachbar hält täglich Nachschau.
- ein Notruftelefon/Rufhilfe (am Handgelenk oder als Kette um den Hals zu tragen – das erreicht man auch, falls man stürzt; der Notruf wird rund um die Uhr angenommen und sofort eine entsprechende Hilfe geschickt)
- Besuche von Besuchs- oder Begleitdiensten oder bei Bedarf durch Pflegedienste
Gleichzeitig ist es wichtig, selbst nach Möglichkeit aktiv zu bleiben. In vielen Gemeinden gibt es entsprechende Angebote – vom Seniorenturnen bis zu verschiedenen Beschäftigungen und Veranstaltungen, die speziell für ältere Menschen angeboten werden. Auch die mobilen Dienste haben meist Angebote wie Seniorentreffs oder spezielle Reisen.
Hilfe vom Roten Kreuz
Das Rote Kreuz bietet mehrere Einrichtungen des betreuten Wohnens an:
- www.roteskreuz.at/noe/pflege-betreuung/seniorenbetreuung/betreutes-wohnen
- www.roteskreuz.at/noe/betreutes-wohnen
Ebenso gibt es diverse Unterstützungsangebote wie Besuchsdienste, Betreuung, Haushaltshilfe oder Pflege. Auch das Aktivbleiben wird unterstützt – von Seniorentreffs und betreuten Reisen
geht das Programm bis hin zu Bewegungsprogrammen zu Hause:
- www.roteskreuz.at/noe/pflege-betreuung/seniorenbetreuung/bleibaktivbewegung-zuhause
- www.roteskreuz.at/noe/bewegungzuhause