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Kinderkrankheiten? Keine harmlose Kinderei!

Impfen schützt – und kann schwere Nebenwirkungen ersparen.


„Milena hatte plötzlich über 38,5 Grad Fieber und ihre Augen waren geschwollen. Gleichzeitig griff sie sich mit den Händen zum Hals und war sehr weinerlich“, erzählt Mama Margit Glaser vom Krankheitsbeginn ihrer eineinhalbjährigen Tochter. Zur Sicherheit fuhr sie sofort ins Landesklinikum Zwettl zur Abklärung. „Gerade bei kleinen Kindern kann sich ein Krankheitsverlauf rasch zuspitzen, da hat Milenas Mama ganz richtig reagiert.
Der Name ‚Kinderkrankheit‘ klingt so harmlos – das sind sie aber nicht!“,  erklärt Prim. Dr. Zdenek Jaros, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde. Während früher die Eltern bei den typischen Infektionskrankheiten um das Leben ihrer Kinder zitterten, haben diese in Zeiten hoher Durchimpfraten und guter Antibiotika deutlich an Schrecken verloren. Trotzdem gilt es bei einer unklaren und akut auftretenden Erkrankung gerade bei jüngeren Kindern vorsichtig zu sein.
Bei Milena stellt sich nach der Untersuchung heraus, dass es sich zum Glück nur um einen Infekt der oberen Luftwege handelt. Trotzdem kullern noch einige dicke Tränen über ihre Wangen, zu groß war die Aufregung und die ungewohnte Umgebung. Dass sie schon die ersten Schutzimpfungen hinter sich hat, ist für ihre Mama eine große Erleichterung. Dadurch lassen sich doch einige gefährliche Krankheiten bereits im Vorfeld ausschließen.
Für viele dieser infektiösen Kinderkrankheiten gibt es heute bereits eine vorbeugende Impfung, die einen sicheren Schutz vor einer Ansteckung bietet. Die Kinderlähmung (Polio) konnte dank einer hohen Durchimpfrate in Europa quasi ausgerottet werden. „Das ist eine richtige Erfolgsstory der Medizin. Kinderlähmung ist eine sehr gefährliche Erkrankung mit massiven Folgen für das restliche Leben“, ist Jaros froh über diese Entwicklung.  Gleichzeitig bemerkt der Mediziner in den vergangenen Jahren jedoch eine gewisse Impfskepsis: Manche Eltern sind verunsichert, lesen die unterschiedlichsten Meinungen zum Thema Impfen, verfolgen so manche hitzige Diskussion im Wartesaal oder am Spielplatz. Impfgegner können Eltern, die aus Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder auf diversen Plattformen nach Wissen und Informationen suchen, oft sehr verunsichern.
„Die heutigen Impfstoffe sind sehr gut verträglich und bestens geprüft! Kein anderes Medikament unterliegt solch genauen Überwachungen“, erklärt Jaros. Und gerade auch bei jenen Erkrankungen, die wie die Kinderlähmung bei uns nahezu nicht mehr auftreten, ist die Impfung sehr wichtig. Durch Einreisende aus anderen Ländern oder bei Fernreisen besteht immer die Gefahr des Einschleppens einer Infektion, da diese Kinderkrankheiten in anderen Ländern durchaus noch vorkommen.
Aber nicht nur bei kleinen Kindern, auch bei Jugendlichen und Erwachsenen ist der Impfschutz sinnvoll und notwendig. „Vergessen Sie nicht, regelmäßig zu den Auffrischungsimpfungen zu gehen!“, rät Jaros zu Impfbewusstsein in jedem Lebensalter.

Sonja Lechner
FOTOS: Gerald Lechner

 

Was sind Kinderkrankheiten und warum treten sie bei Erwachsenen kaum auf?

Unter Kinderkrankheiten versteht man Infektionskrankheiten mit einer hohen Übertragungsfähigkeit und einer Häufigkeit im Kindesalter. Viele von ihnen führen zu einer lebenslangen Immunität. Erwachsene können daran erkranken, wenn sie im Kindesalter keine Immunität erworben haben.  Die ersten drei Monate nach der Geburt besitzt das Neugeborene noch einen Restschutz durch die Mutter. Danach nimmt dieser ab, gleichzeitig bilden sich jedoch die eigenen Abwehrkräfte immer besser aus. Jeder Kontakt mit einem Krankheitserreger löst eine Antwort des Immunsystems aus, die im Krankheitsgedächtnis des Körpers gespeichert wird. Bei einem neuerlichen Kontakt mit dem Erreger kann der Körper schnell Antikörper produzieren und so den Erreger abwehren.

Was sind die häufigsten infektiösen Kinderkrankheiten?

  • Drei-Tage-Fieber: plötzlich auftretendes Fieber (meist über drei Tage), gefolgt von einem Hautausschlag. Relativ harmlose Erkrankung, gelegentlich kommt es zu Fieberkrämpfen.
  • Keuchhusten: bakterielle, hochansteckende Erkrankung der Atemwege. Zunächst Symptome ähnlich einer Verkühlung mit Schnupfen, Niesen, Heiserkeit und leichtem Husten. Nach etwa einer bis zwei Wochen bilden sich die typischen Hustenanfälle aus.
  • Masern: hochansteckende Viruserkrankung. Neben dem roten, fleckigen Maserausschlag kommt es zu Fieber und einem erheblich eingeschränkten Allgemeinzustand. Bei 20 Prozent Komplikationen wie schwere Lungenentzündung, Mittelohrentzündung oder akute Gehirnentzündung.
  • Mumps: Viruserkrankung, die neben Fieber, Abgeschlagenheit und allgemeinen Krankheitssymptomen in erster Linie eine Entzündung der Ohrspeicheldrüse verursacht. Gefährlich bei Buben, da es zu einer Infektion der Hoden und damit zu Zeugungsunfähigkeit kommen kann.
  • Röteln: hochansteckende Virusinfektion, die neben den typischen roten Hautflecken auch Fieber und eine Lymphknotenschwellung auslöst. Gefährlich ist eine Infektion in der Schwangerschaft, die zu schweren Komplikationen mit Fehlbildungen beim Kind und Fehlgeburten führen kann.
  • Windpocken („Feuchtblattern“): Virus­erkrankung mit Fieber und einem juckenden Hautausschlag mit wässrigen Bläschen. Als Komplikationen können eine Lungenent­zündung oder eine Kleinhirnentzündung hinzukommen.
  • Kinderlähmung (Polio): eine durch Viren hervorgerufene Erkrankung des Nervensystems, die zu bleibenden Lähmungen, aber auch zum Tod führen kann. Dank konsequenter und flächendeckender Schutzimpfungen ist Europa nahezu poliofrei.
  • Scharlach: bakterielle Erkrankung, die mit Halsschmerzen, Schluckbeschwerden und schnell steigendem Fieber beginnt. Hinzu
  • kommen ein roter Rachen und Schleimhautschwellungen. Ab dem meist dritten Krankheitstag ist die Zunge himbeerfarben gerötet.

 

Worin liegt der Sinn der vorbeugenden Impfung? Ist eine Kinderkrankheit nicht ohnehin eher harmlos und für den Organismus leicht zu bewältigen?

Impfungen gehören zu den wichtigsten und auch wirksamsten Maßnahmen der Vorbeugung in der Medizin. Die modernen Impfstoffe sind gut verträglich und Nebenwirkungen sehr selten. Durch die Impfung ist das Kind vor einer ansteckenden Krankheit geschützt. Auch bei den sogenannten Kinderkrankheiten gibt es schwere Komplikationen, die zu bleibenden Behinderungen und sogar zum Tod führen können.

Brauchen Erwachsene noch Impfschutz?

Ja, denn eine Erkrankung im Erwachsenen-alter verläuft meist schwerer als im Kindes-alter. Fragen Sie Ihren Hausarzt.