< vorhergehender Beitrag

Die stille Gefahr

Eine Fettstoffwechselstörung tritt als Begleiterkrankung bei fast 70 Prozent aller Menschen mit Diabetes Typ 2 auf. Rechtzeitig erkannt, kann eine Dysbalance der Bluttfette jedoch gut behandelt werden.


Wenn Blutfett-Parameter von der Norm abweichen, muss das noch kein Hinweis auf eine Erkrankung sein. FOTO: fotolia

Zwei Sternchen im Blutbefund – und ausgerechnet beim Cholesterinwert LDL und im Bereich der Triglyceride, also im Fettstoffwechsel. Für Martina kam diese Diagnose überraschend, zumal sie sich bisher rundum fit gefühlt hat. Die Gesundenuntersuchung absolviert sie jährlich routinemäßig, jetzt ist sie erstaunt angesichts der „Ausreißer“ in ihrem Befund. Bei einer Größe von 1,70 und gerade einmal 60 Kilo ist für die sportliche Mittvierzigerin diese Abweichung unerklärlich. Doch Martina tut nun genau das Richtige: Sie sucht ein ausführliches Gespräch mit ihrem Arzt.
Wenn Blutfett-Parameter von der Norm abweichen, muss das noch kein Hinweis auf eine Erkrankung sein. Besteht allerdings ein genetisches Risiko oder liegen andere Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck vor, sollte rasch eine Therapie erfolgen. „Die Anzahl der Menschen, die an Fettstoffwechselstörungen laborieren, ist hoch – besorgniserregend dabei ist, dass immer mehr junge Menschen davon betroffen sind“, sagt Prim. Dr. Christian Schelkshorn, Leiter der 1. Medizinischen Abteilung im Landesklinikum Stockerau. Bei fast drei Viertel aller Menschen mit Diabetes Typ 2 und mit Koronarerkrankungen sind Fettstoffwechselstörungen eine Begleiterkrankung. Übergewicht, Bewegungsmangel und falsche Ernährung sind massive Risikofaktoren, aber auch eine genetische Vorbelastung fällt ins Gewicht. Bei letzterer hilft auch eine Ernährungsumstellung nicht, hier bedarf es dringend einer medikamentösen Therapie, sagt Experte Schelkshorn: „Zunehmend betreffen Fettstoffwechselstörungen auch Typ-1-Diabetiker. Selbst Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung verzeiht der Diabetes, wenn man nur adäquat Insulin verabreicht. Viele Menschen mit Diabetes Typ 1 verlieren dadurch ihr anfängliches Bewusstsein für gesunde Ernährung, was sich deutlich auf den Fettstoffwechsel auswirken kann.“

Was heißt Fettstoffwechsel?

Grundsätzlich spricht man von einer Fettstoffwechselstörung, wenn die Zusammensetzung der Blutfette verändert ist. Das heißt, das Verhältnis der Triglyceride, Cholesterine und Phospholipide, also der Lipide im Blutplasma, entspricht nicht der Norm, es ist verschoben. Je nach Veränderung des Lipidverhältnisses spricht man von Hypercholesterinämie, wenn nur das Cholesterin erhöht ist, von Hypertriglyceridämie, wenn nur die Triglyceride erhöht sind, von einer kombinierten Hyperlipidämie, wenn beide Parameter erhöht sind. „Als großer Risikofaktor ist diese Kombination zu sehen, wenn der Wert der Lipoproteine LDL (Low Density Lipoprotein, „schlechtes“ Cholesterin) mit einem verminderten Wert von HDL (High-Density-Lipoprotein, „gutes“ Cholesterin) und einer bestehenden diabetischen Erkrankung einhergeht“, sagt Christian Schelkshorn.
Erhöhte Cholesterinwerte hat jeder zweite Österreicher. Damit steigt das Risiko, eine koronare Herzerkrankung, Gefäßverkalkung, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Der LDL-Wert sollte bei Gesunden unter 160 mg/dl liegen, bei Diabetikern unter 100 mg/dl. Für Risikopatienten gilt: Je höher das kardiovaskuläre Risiko, desto niedriger müssen die LDL-Werte sein, bei bestimmten Risikogruppen müssen diese sogar unter 70 mg/dl liegen. Eine Faustregel: Das Gesamtcholesterin (also HDL+LDL) sollte unter 200 mg/dl liegen, LDL unter 160 mg/dl, HDL über 45 mg/dl und der Triglyceridwert zwischen 50 und 150 mg/dl.

Blutfette & Lipoproteine

Fette und Fettbegleitstoffe wie Triglyceride und Cholesterin haben wichtige Aufgaben im menschlichen Körper und sind keineswegs nur „böse“. Cholesterin ist für den Aufbau der Zellmembranen wichtig, aber auch Basis von Steroidhormonen (z. B. Stress- oder Sexualhormone). Cholesterin kann im Körper selbst gebildet werden, so etwa in der Leber, und wird auch mit der Nahrung – über tierische Fette – aufgenommen. Cholesterinwerte können sich – je nach Lebenssituation – verändern, etwa wegen genetischer Veranlagung, bei Diabetes, im Alter oder bei Frauen nach der Menopause – in dieser Phase kann der Cholesterinspiegel erhöht sein. Ausschlaggebend ist der Anteil bzw. das Verhältnis von „gutem“ (HDL) und „schlechtem“ (LDL) Cholesterin. Ein erhöhter LDL-Wert begünstigt Gefäßverkalkungen (Atherosklerose) und stellt einen Risikofaktor für Herzerkrankungen und Schlaganfall dar. Der Anteil an HDL-Cholesterin sollte möglichst hoch sein, da es den Fettstoffwechsel bzw. den Abbau von Abfallprodukten fördert. Ein zu hoher HDL-Wert ist daher aus medizinischer Sicht nicht beunruhigend. Triglyceride werden großteils vom Körper selbst, in der Leber, gebildet, ein Teil davon wird über die Nahrung zugeführt. Triglyceride sind die Energielieferanten der Zellen, ein Zuviel wird als Fett gespeichert. Erhöhte Triglyceridwerte treten meist in Kombination mit erhöhten Cholesterinwerten auf und sind typische Begleiterscheinungen bei Diabetes und Übergewicht. Das erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Schlaganfall. Ein zu hoher Wert tritt nach üppigem Essen oder reichlich Alkoholkonsum auf.

Sport oder Medikamente?

„Sternchen bei Blutfettparametern im Laborbefund sind nicht schön, es reicht aber nicht aus, nur Kosmetik zu betreiben und die Werte zu schönen“, sagt Christian Schelkshorn. Es ist jedoch schwieriger, den HDL-Wert anzuheben als den LDL-Wert zu senken. „Wenn wir also über Therapie sprechen, bedeutet das, mit Lebensstiländerung und Medikamenten gegenzusteuern, wenn Risikofaktoren vorliegen.“ Gewichtsreduktion, Bewegung, gesunde Ernährung und die Gabe von Statinen ist der derzeitige State of the Art. „Gerade bei Statinen hat sich gezeigt, dass diese Medikamente eine Gefäßverkalkung stoppen können. Darüber hinaus ist es möglich, bereits bestehende Kalkablagerungen zu ‚glätten‘, sodass diese nicht in den Gefäßen ‚abbröseln‘ und einen Infarkt oder Schlaganfall verursachen.“ Schon geringe Mengen bringen einen durchschlagenden Erfolg, rechtzeitiges Einschreiten vorausgesetzt. Martina ist nach ihrem Arztgespräch jedenfalls beruhigt. Ihr HDL-Wert beträgt 80, der LDL-Anteil 170. Im persönlichen Gespräch mit dem Mediziner ihres Vertrauens hat sie sich erinnert: Da waren doch diese wunderbaren kulinarischen Genüsse, denen sie sich wenige Tage vor ihrer Blutabnahme hingegeben hat. Sie hat „ordentlich“ zugelangt bei Fleisch, Pommes und Schokomousse. Mit Genuss. Doch glücklicherweise ist eines sicher: Ihr Befund war in diesem Fall eine Momentaufnahme. Erleichtert setzt sie sich mit dieser Nachricht aufs Rad und strampelt nachhause. Im Hinblick auf ihren Lebensstil hat sie bisher also nichts falsch gemacht. Doch für viele Menschen ist genau der Lebensstil das große Thema – und vor allem, wie man sich von den lieb gewordenen schädlichen Gewohnheiten nachhaltig trennen kann und sich bessere Gewohnheiten zulegt.

Den Lebensstil ändern

„Mach doch einfach mehr Sport und stell dein Leben um“ ist der gutgemeinte Ratschlag, mit dem viele Betroffene konfrontiert werden. Klingt plausibel, doch die Realität ist nicht immer von heute auf morgen umsetzbar. Eine gute Möglichkeit, um den bisherigen zu einem gesunden Lebensstil zu machen, bietet beispielsweise das Lebens.Resort Ottenschlag. Hier steht ein kompetentes Team parat, wenn die Gesundheit aus der Balance geraten ist oder zu geraten droht. Ein Schwerpunkt des Gesundheitszentrums ist es, Betroffenen mit Fettstoffwechselstörungen und Diabetes zu einem gesunden Lebensstil zu verhelfen. Ein Team aus Fachärzten, Allgemeinmedizinern, Diätologen und Therapeuten bietet vielfältige Möglichkeiten zur Ernährungs- und Bewegungstherapie mithilfe maßgeschneiderter Programme. Prim. Dr. Johannes Püspök, Ärztlicher Leiter des Lebens.Resorts Ottenschlag, erklärt: „Viele unserer Patienten werden bereits medikamentös behandelt, wenn sie zu uns kommen. Wichtig für eine erfolgreiche Behandlung und um einen bewussten Lebensstil zu entwickeln, sind ergänzende Schulungen zu Ernährungs- und Bewegungsverhalten – und vor allem zur Motivation.“ Je nach Befund einer Erstuntersuchung wird für Fettstoffwechsel-Patienten im Zuge ihres Aufenthalts ein individuelles Konzept erstellt. „Dieses besteht aus einer Kombination aus Lebensstilschulung und Learning by doing“, sagt Püspök. „Die Motivation, den Lebensstil zu ändern, steht und fällt mit der Krankheitseinsicht. Unsere Gäste haben diese Einsicht, sie wissen, dass sie in ihrem Leben etwas ändern müssen. Unterstützend dabei sind unsere Motivationsschulungen.“ So etwa besteht die Möglichkeit für Gruppengespräche, die Themen wie Disziplin und Selbstmotivation beinhalten, so etwa die Frage: Wie gehe ich mit Hungerattacken um? Ein erfahrener Psychologe leitet diese Gespräche, deren Erkenntnisse in den späteren Alltag integriert werden können.

Mit Lust gegen die Kilos

Die Entscheidung, das Leben auf einen gesunden Weg zu bringen, fällt im Kopf. Eine wesentliche Facette dabei ist die Erkenntnis, dass auch gesunde Ernährung ein kulinarischer Genuss ist. Diätologen erklären neue Formen der Ernährung, beraten bei der Auswahl und Zubereitung der Lebensmittel und setzen mit gezielter Ernährungstherapie an. Und da der Mensch nun einmal ein mobiles Wesen ist, darf in diesem Konzept auch die Motivation zu Sport und Bewegung nicht fehlen.
Physiotherapeuten und Sportwissenschafter zeigen, dass Konditionstraining Freude macht, dass Nordic Walking oder Aquagymnastik ein ganzheitliches Erlebnis für Körper und Geist sind und wie gut man damit die Gesundheit wieder in Balance bringen kann – wenn man nur dranbleibt. Johannes Püspök: „Unser Ziel ist es, Betroffenen einen guten Start in ein neues Leben zu ermöglichen“. Übrigens hat sich gezeigt, dass Menschen mit Fettstoffwechselstörungen es mithilfe einer dreiwöchigen Kur gut schaffen, ihr Leben langfristig und nachhaltig zu ändern und nur selten eine zweite Kur in Anspruch nehmen. Die gesunde Entscheidung beginnt eben im Kopf.

Landesklinikum Stockerau
Landstraße 18
2000 Stockerau
Tel.: 02266/9004-0
www.stockerau.lknoe.at