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Blau.Gelber.Elternpass

Wie wird man zu guten Eltern? Manches kann man in Kursen lernen – zum Beispiel bei einem Pilotprojekt in der Elternbildung an NÖ Volksschulen.


FOTO: Gerald Lechner

„Was fällt Ihnen von A bis Z zu Konflikt ein?“, beginnt Kursleiterin Denise Blauensteiner, MAS, den zweiten Teil des Elternworkshops an der Volksschule Grafenwörth mit einer Gruppenarbeit. Und schon geht es in den Kleingruppen los. „Aggression“ passt gut zu „A“,  aber ebenso bietet sich „Angst“ an. Quer durch das Alphabet werden Begriffe gesammelt und schon jetzt fällt den Teilnehmern auf, wie unterschiedlich die Assoziationen sind. Nach kurzer Zeit haben alle Gruppen ein Plakat voll mit Begriffen – und gleichzeitig den Kopf voller Erinnerungen und Assoziationen, positive wie negative, aus ihrer Sicht als Eltern, aber auch noch aus der Zeit, als sie selbst Kinder waren. Nun werden alle Plakate aufgehängt und jeder Buchstabe gemeinsam besprochen. Und schon sind die Eltern „mitten drinnen“ in der Gruppe, in der Thematik und im Seminar. Das Thema der heutigen Einheit ist „Gemeinsam Konflikte lösen/Erziehungsstile“. Es ist das zweite Modul in der ersten Volksschulklasse.
Seit dem Herbstsemester 2010/2011 gibt es das Pilotprojekt „Blau.Gelber.Elternpass“ in jeweils einer Kleinregion der fünf Bildungsregionen Niederösterreichs. Es sind dies Schneebergland, Kamp-Taffatal, 10 vor Wien, Herz des Mostviertels und Wagram. Zur Teilnahme an diesem Projekt wurden die Eltern jener Kinder eingeladen, die im September 2010 mit der ersten Volksschule begannen. Von möglichen 47 Volksschulen haben sich 42 angemeldet. In jedem Semester in den ersten beiden Schuljahren gibt es ein abendliches Bildungsmodul: „Lernen lernen“ und „Konflikte lösen“ heißt es für die Eltern der Kinder der ersten Klasse, „Gesundheit“ und „Talente erkennen“ steht für sie in der zweiten Klasse auf dem Stundenplan. Und später die Zusatzmodule: „Umgang mit Medien“ und „Entwicklung zur Pubertät“.

Themen als Lebensbegleitung

Gerade nach dem Start in die Volksschule kommen täglich neue Herausforderungen auf Eltern und Kinder zu: Die Einteilung der Zeit am Nachmittag, die bisher uneingeschränkt dem Spiel zur Verfügung stand, oder die Gestaltung eines ruhigen und passenden Arbeitsplatzes für die Hausübung. Erste Lernschwierigkeiten oder Unsicherheiten können auftreten, da gilt es, rasch und umsichtig die nötigen Unterstützungsmaßnahmen zu setzen. Kinder gehen mit Neugierde an eine Sache heran, diese Neugierde gilt es zu erhalten und zu fördern, weiß Projektleiterin Dipl.-Päd. Roswitha Hagen, MSc: „ Wir möchten die Eltern in der Erziehungsarbeit stärken, damit sie die neuen Herausforderungen an der Schnittstelle vom Kindergarten zur Schule bestmöglich bewältigen.“ Der respektvolle Umgang miteinander, liebevolle Rituale im Familienleben, aber auch die Lösung von Konflikten spielen im zweiten Modul eine wichtige Rolle. „Wie meine Eltern will ich das nicht machen“, ist für manchen ein Schlüsselsatz, und dann passiert genau das, man ertappt sich dabei, in Taten oder Worten das Verhalten der eigenen Eltern zu spiegeln. Da aber Konflikte im Aufeinandertreffen von Menschen dazugehören, ist es wichtig, unterschiedliche Strategien zur Lösung kennen zu lernen. Auch das Setzen von Grenzen und das Verstehen der Kindersprache werden hier zum Thema.

Schwächen und Probleme aufspüren

Im dritten Modul  dreht sich alles um die Gesundheit. Motivation zur Bewegung und zu gesunder Ernährung, aber auch die Vorbildwirkung der Eltern stehen im Mittelpunkt. Auf das Aus­powern zum Aggressionsabbau wird ebenso eingegangen wie auf Lust- und Unlustgefühle unter dem Motto „Mein Körper gehört mir“.
Im vierten Modul geht es um Talente. Schwächen und Probleme aufzuspüren fällt vielen  leichter als Begabungen wahrzunehmen. Jedoch gerade die Stärken gilt es zu fördern und auch die Kinder im gesunden Maße zu fordern. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in diesem abschließenden Teil auf der Schulwahl nach der Volksschule.
Oft ist es für die Eltern schwierig, bei Fernsehen, Internet oder Spielen das richtige Maß und die richtige Auswahl zu treffen. Hier bietet das Zusatzmodul „Umgang mit Medien“ Hilfe. In „Entwicklung zur Pubertät, Suchtprävention und andere Gefahren“ stehen Themen im Mittelpunkt, die zwar auf den ersten Blick noch weit entfernt liegen, aber oft schneller im Erziehungsalltag auftauchen, als Eltern glauben. Konsumzwang, Gruppendynamik, Taschengeld oder Alkohol und Drogen – alles Bereiche, wo die Heranwachsenden Verständnis und Unterstützung brauchen.  

Tipps auf Homepage

Treten Probleme auf, nach den Modulen, im Erziehungsalltag zu Hause, stehen die Trainer via E-Mail für weiterführende Fragen zur Verfügung. Auch gibt es auf der Homepage die Möglichkeit, sich in einem Forum auszutauschen. Regelmäßige Veröffentlichungen von Artikeln von Trainern runden die Informationen auf der Homepage ab. Hier können sich auch Eltern Tipps holen, die nicht am Pilotprojekt teilnehmen. Dass die Homepage derzeit noch relativ wenig genutzt wird, wundert Referentin Roswitha Hagen nicht: „Durch den Charakter der Workshops, wo alle aktiv mitarbeiten und mitgestalten, werden die Fragen direkt gestellt und gemeinsam Probleme gelöst.“ So auch in Grafenwörth, wo die Elterngruppe viel über Konflikte, deren Ursachen und Möglichkeiten zur Deeskalation gehört hat. Dass diese Bildungs­module eine großartige Unterstützung im Erziehungsalltag mit all seinen schönen, aber eben auch schwierigen Situationen sind, darin ist man sich hier einig.

Informationen:
www.elternpass.at

Der „Blau.Gelbe.Elternpass“ ist ein Pilotprojekt des Landes NÖ und der NÖ Landesakademie LAK.