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Vier intensive Wochen

Hautkuren dauern durchschnittlich eine Woche länger als andere Kuren. Und das hat seinen Grund: Nicht nur der Körper braucht Behandlung, sondern auch der Geist.


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Dr. Monika Winter-Steinhofer, Ärztliche Leiterin der Kuranstalt Ludwigstorff in Bad Deutsch-Altenburg

Die Haut gilt als das vielseitigste Organ des menschlichen Körpers. Mit durchschnittlich 1,6 m² bei Frauen und 1,9 m² bei Männern ist sie gleichzeitig auch unser flächenmäßig größtes Sinnesorgan. Vor allem aber repräsentiert sie uns nach außen hin und jede Hautirritation, jeder Pickel und jeder Kratzer kann dazu führen, dass man sich in ihr plötzlich nicht mehr wohl fühlt. Patienten mit Neurodermitis, Schuppenflechte (Psoriasis) oder anderen Haut­erkrankungen kennen dieses Problem nur allzu gut. Viele von ihnen vermeiden es, sich im Sommer mit kurzem Rock oder in Badekleidung zu zeigen, um sich nicht den Blicken fremder Menschen auf die roten oder schuppigen Stellen der Haut aussetzen zu müssen, weiß Dr. Monika Winter-Steinhofer, Ärztliche Leiterin der Kuranstalt Ludwigstorff in Bad Deutsch-Altenburg: „Wegen einer Brille schämt sich niemand, aber wegen Problemstellen an der Haut wird man schnell schief angeschaut. Manche Menschen denken, sie könnten sich bei Berührung anstecken, doch das stimmt nicht, weder bei Psoriasis noch bei Ekzemen oder Neurodermitis. Allein durch diese Berührungsängste der Mitmenschen entsteht ein enormer Leidensdruck, den man unbedingt lindern muss.“

Innere Ruhe

Hautkuren sind für Betroffene oft eine gute Möglichkeit, sich eingehend mit der jeweiligen Krankheit auseinanderzusetzen. Diese Kuren dauern meist länger als beispielsweise bei Erkrankungen des Bewegungsapparats, da es hier besonders wichtig ist, dem Alltagsstress zu entfliehen und zur Ruhe zu kommen. Vier Wochen lang haben die Patienten die Gelegenheit, mit Dermatologen zu sprechen, sich behandeln zu lassen und sich bei Massagen oder Sprudelbädern zu entspannen. Die Wechselwirkung zwischen Psyche und Haut erkennt bereits der Laie ganz leicht: Fürchtet man sich, bekommt man Gänsehaut. Schämt man sich, wird man rot. Deshalb wird die Haut ja auch als Spiegel der Seele bezeichnet. „Wenn man in stressigen Zeiten immer wieder gezielt mit Methoden wie der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen zur Ruhe kommt, geht es auch der Haut besser“, erklärt Kurärztin Winter-Steinhofer. Deshalb wird den Patienten auch geraten, sich für die Kur möglichst wenig vorzunehmen, sondern sich rein auf die Heilung zu konzentrieren. Zahlreiche Abende in Gaststätten oder Besuche bei Freunden, die in der Nähe des Kurortes wohnen, können Stress verursachen und sind somit eher hinderlich für einen Kurerfolg.

Volles Programm

Es empfiehlt sich, sich bereits vor dem Kurantritt auf Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten testen zu lassen, denn auch eine Ernährungs­umstellung kann zu einer Verbesserung des Hautbilds führen. Diätologen geben auch individuell Tipps zur richtigen Ernährung nach der Kur.
Die Behandlungen sind sehr vielfältig. Entzündungshemmende Schwefel- oder Solebäder eignen sich sowohl für die Behandlung von Neurodermitis als auch der Schuppenflechte. Da Neurodermitis oft in Verbindung mit Asthma auftritt, wird auch eine Inhalationstherapie angeboten:  Sole-Dampf stärkt die Widerstandsfähigkeit gegenüber Atemwegs­infekten und Umweltbelastungen. Aber auch das Einatmen von ionisierter Luft in einer Salzgrotte kann zu einer Verbesserung des Hautbilds und der Gesundheit der Atemwege führen. Bei der sogenannten Besonnung wird die Haut entweder teilweise an Problemstellen oder am ganzen Körper in einer Röhre mit UV-A- oder UV-B-Licht bestrahlt.
Ganz Mutige können die Kyrotherapie testen. Hier werden Patienten in Badekleidung, Haube und Schuhen für einige Minuten in eine Kältekammer geschickt, in der eine Lufttemperatur von minus 110 Grad Celsius herrscht. Doch keine Sorge, dank der trockenen Luft in der Kammer empfindet man die Kälte nicht als unangenehm. Die extreme Temperatur lindert Schmerzen und auch den Juckreiz und verursacht sogar die Ausschüttung von Glückshormonen, sodass mancher sich bereits auf das nächste Mal in der Kammer freut. Abgerundet wird die Behandlung meist noch mit pflegenden Salben und juckreizlindernden Teewickeln.

Austausch mit anderen

„Es gibt viele Möglichkeiten, wie man bei einer Kur helfen kann“, erzählt Monika Winter-Steinhofer, „Wir sagen, etwas geht einem unter die Haut. Diese Redewendung trifft auf Menschen mit Hauterkrankungen ganz besonders zu. Eine Kur kann helfen, sich auch psychisch eine dickere Haut zuzulegen, allein schon durch die Gespräche mit anderen Betroffenen und das Erleben, dass man selbst etwas gegen seine Krankheit tun kann.“ Der Austausch mit anderen Patienten kann also nicht nur zu neuen Erkenntnissen über die eigene Krankheit führen, sondern es werden auch Tipps und Erfahrungen ausgetauscht. Neben den Hauttherapien werden meist noch Massagen, Entspannungsübungen, Atemgymnastik und Trinkkuren in den Therapieplan aufgenommen. Außerdem finden mehrere Vorträge über den richtigen Umgang mit der Krankheit oder die richtige Ernährung statt, aber auch Hautgesprächsgruppen mit Psychologen, in denen man sich speziell über die Probleme unterhalten kann, die Hautkrankheiten mit sich bringen.

Am Ball bleiben

Um seinen Gesundheitszustand langfristig und nachhaltig zu verbessern, ist es wichtig, sein Verhalten an das Gelernte anzupassen und auch nach der Kur damit weiterzumachen. So kann eine Hautkur eine starke Linderung der Beschwerden bei Neurodermitis oder Schuppenflechte von bis zu einem Jahr bewirken.
Da diese Krankheiten auch bereits bei Kindern auftreten, ist es Eltern möglich, mit ihren Sprösslingen gemeinsam schon in jungen Jahren eine Kur anzutreten. Gerade für diese jungen Psoriasis-Patienten bietet sich auch eine Reise an das Tote Meer an, um die Kur somit mit einem Urlaub zu verbinden. Dieses befindet sich zwischen Israel und Jordanien und ist mit einer Lage von 400 Metern unter dem Meeresspiegel der tiefste Punkt der Erdober­fläche. Es handelt sich dabei keineswegs um
ein Meer, wie der Name vermuten lässt, allerdings findet man in dem See Salzwasser. Der Salz­gehalt des Toten Meeres liegt bei 33 Prozent. Das Wasser des Mittelmeeres besteht beispielsweise nur zu 3,8 Prozent aus Salz. Für Neurodermitis-Patienten ist das Wasser des Toten Meeres damit allerdings zu aggressiv und deshalb eine Kur dort eher nicht zu empfehlen.