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Rückenschmerz ade!

Unser Rücken braucht Sorge und Vorsorge. Beginnen Sie früh und hören Sie niemals auf!


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Dr. Gabriele Huber-Grünwald, Ärztliche Leiterin des Gesundheits- und Kurhotels Badener Hof

Prim. Dr. Alfred Ungersböck, Leiter der Orthopädie, Orthopädischen Chirurgie und Unfallchirurgie im Landesklinikum Neunkirchen

Vier von fünf Menschen in der westlichen Welt leiden zumindest einmal im Leben an Rückenschmerzen, und viele sind diesbezüglich sogar chronische Schmerzpatienten. Das sollte uns zu denken geben. Woran liegt das? „Evolutionär gesehen war der Mensch einmal ein schwimmendes Wesen, dessen ‚Wirbelsäule‘ horizontal über dem Boden lag“, erklärt Prim. Dr. Alfred Ungersböck, Leiter der Orthopädie, Orthopädischen Chirurgie und Unfallchirurgie im Landesklinikum Neunkirchen. „Mit der Entwicklung über den Vierbeiner zum Menschen entstand der aufrechte Gang, durch den sich einiges am Skelett verändert hat und die Wirbelsäule in ungewohnte starke Belastung kam. Dies könnte ein Grund dafür sein, warum so viele Menschen unter Rückenbeschwerden leiden. Deshalb sollten wir alle achtsam mit unserer Wirbelsäule umgehen, damit wir gesund und beweglich alt werden können“, sagt Ungersböck, der für Vorsorge, Vorsorge und noch einmal Vorsorge plädiert.

Diese sollte schon im Kindesalter wie im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter beginnen, denn dies ist die Zeit, in der man die Muskulatur und die Knochenqualität am besten aufbauen kann. Das heißt Bewegung, Sport, Aktivität und in späterer Folge zeitlebens Wirbelsäulen-stabilisierende Übungen, die Bauch- und Rückenmuskulatur stärken. Wer diesem Expertenrat Folge leistet, wird laut Ungersböck aller Voraussicht nach keine ernsthaften Wirbelsäulenprobleme entwickeln. Daher sollten wir alle dieser Empfehlung nachkommen.

Ganz besonders gilt dies für jene Menschen, die explizit gefährdet sind, Rückenbeschwerden zu entwickeln. „Zum Teil sind diese Beschwerden auf genetische Prädisposition zurückzuführen. Das heißt, es gibt Menschen, deren Bandscheiben und Knochen aus genetischen Ursachen eine schlechtere Qualität haben und bei denen es daher vermehrt zu Abnützungserscheinungen kommt“, erklärt der Experte. „Typischerweise ist dies die Gruppe derer, die schon im Alter von 40, 50 Jahren deutliche Rückenbeschwerden entwickeln.“ Besonders gefährdet sind Menschen mit angeborenen Wirbelsäulenerkrankungen wie zum Beispiel der jugendlichen Skoliose. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um eine Wirbelsäulen­verkrümmung, durch die sich leicht Rückenschmerzen einstellen können. Und schließlich gibt es auch die große Gruppe derer, bei denen die Wirbelsäule entweder durch starke Belastungen oder Haltungsstörungen überlastet ist und die vor allem im höheren Alter vielfach an degenerativen Veränderungen leiden.

Empfohlene Bewegung

Wer also weiß, dass er zur Risikogruppe zählt, sollte beizeiten etwas für seinen Rücken tun. Ungersböck empfiehlt vor allem Übungen, die Bauch- und Rückenmuskulatur trainieren, das heißt zum Beispiel Sit-ups, Rückenstrecker sowie alle Bewegungen, die den Rumpf fordern. Wichtig ist es dabei, diese Übungen richtig auszuführen, damit sie die Wirbelsäule nicht schädigen. Walken, Laufen, Langlaufen, Schwimmen und Reiten sind besonders günstige Sportarten, um den Rücken zu trainieren.
Doch auch im Alltag und bei der Arbeit kann man seinem Rücken Gutes tun. Immer „brav gerade zu sitzen“ ist nach neueren Erkenntnissen nicht mehr angesagt. Stattdessen sollte man immer wieder die Sitzposition wechseln, den Sitzschwerpunkt einmal nach vorne, einmal nach hinten ver­legen, durchaus auch einmal rechts oder links „lümmeln“ und zwischendurch immer wieder aufstehen und ein paar Schritte machen. Günstig sind auch verschiedene Sitzgelegenheiten wie etwa ein Bürosessel, ein Gymnastiksitzball und ein Sitzhocker.
Wer den Rücken bei körperlicher Arbeit schonen will, sollte möglichst körpernahe arbeiten. Das bedeutet zum Beispiel Lasten nicht mit gestreckten Armen aufnehmen, sondern zunächst nahe herangehen und dann die Last aus der Hocke heben und den Rücken dabei gerade halten.

Wenn der Schmerz da ist

Was kann man selbst tun, wenn der Rückenschmerz schon da ist? „Solange man kein taubes Gefühl oder Lähmungs­erscheinungen hat, helfen Lockerungsübungen, Massagen und Gymnastik“, sagt Ungersböck. „Auch Kälte und Wärme kann man selbst anwenden, wobei sich bei einer frischen Ent­zündung eher Kälte, bei Muskelverspannungen, Verhärtungen und Überlastungsproblemen eher Wärme eignet. Generell gilt aber ausprobieren, denn man spürt meist selbst am besten, was einem gut tut.“ Auch einfache Schmerzmedikamente und lokal anzuwendende Rheumasalben sind probate Mittel, mit denen man es in Eigenregie versuchen kann; doch wenn der Schmerz sich dadurch nicht bessert und über eine Woche anhält, ist der Gang zum Hausarzt angesagt. Sofort zum Arzt muss man, wenn der Schmerz von der Wirbelsäule in die Beine oder Arme ausstrahlt oder wenn ein Ameisenlaufen, ein taubes Gefühl oder ein Schwächegefühl auftritt.
Hausarzt oder Orthopäde haben im Fall von Rückenschmerzen breite Behandlungsmöglichkeiten: Eine optimierte, eventuell kombinierte medikamentöse Schmerztherapie, lokale Infiltrationen, physikalische Therapie und Heilgymnastik sind hier wichtige Pfeiler. Die rechtzeitige Behandlung ist extrem wichtig, da der Schmerz sonst chronisch werden kann.
Auch im spezialisierten Klinikum, wo man komplexe Fälle behandelt, werden 90 Prozent der Patienten konservativ therapiert. Ein chirurgischer Eingriff ist nur dann Mittel der Wahl, wenn so kein Erfolg erzielt werden kann, weil zum Beispiel ein Wirbel verrutscht oder gebrochen ist, weil die Wirbelsäule nicht mehr stabil ist oder weil ein großer Bandscheibenvorfall vorliegt.
„Sehr oft kann man Rückenschmerzen aber selbst oder mit Hilfe des Hausarztes oder Orthopäden gut behandeln, und dabei sollte man immer zunächst mit den einfachen Mitteln beginnen, auch dann, wenn der Rückenschmerz erneut auftritt“, rät Ungersböck, der hier auch für Eigenverantwortlichkeit der Patienten plädiert.
Eigenverantwortlichkeit gilt auch für alle, die ihrer Rückenbeschwerden wegen eine Kur machen, weil sie lang anhaltende Schmerzen haben, die trotz ambulanter Behandlung nicht in den Griff zu bekommen sind. „Im Rahmen einer Kur können wir Rückenschmerzpatienten eine sehr breite Palette an Therapien anbieten. Der oder die Einzelne ist gefordert, daraus letztlich das zu wählen, was man zu Hause auch gut in den Alltag integrieren und selbständig fortsetzen kann“, sagt Dr. Gabriele Huber-Grünwald, Ärztliche Leiterin des Gesundheits- und Kurhotels Badener Hof. Hier ist man unter anderem auf die Behandlung von Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates spezialisiert und arbeitet mit dem „Gelben Gold“, dem Badener Schwefelheilwasser. „Schwefelanwendungen sind die Paradeindikation für Rückenschmerzen, denn Schwefel wirkt nachweislich schmerzlindernd, muskelentspannend und entzündungshemmend. Wir setzen daher Schwefelbäder, Schwefelmoor­packungen und Schwefeltrinkkuren sehr erfolgreich ein.“
Äußerst effizient bei Rückenschmerzen sind auch klassische Heilmassagen zur Lösung von Muskelverspannungen, wobei sich die Wirkung der Massage meist auf den ganzen Körper erstreckt. Erfolgreich ist man im Badener Hof zudem mit der Unterwasser-Druckstrahlmassage, die eine Kombination aus „trockener“ Wassermassage und Wärmetherapie zulässt. Aber auch die seit kurzem sehr beachtete Faszientechnik und die Fußzonenreflexmassage werden angeboten. Was Elektrotherapien betrifft, so sind Rückenschmerz-Patienten in Baden etwa gut mit der Infrarot-Wärmetherapie, der Iontophorese oder dem Ultraschall beraten. Bei letzteren lokalen Gleichstromverfahren können bei Bedarf zusätzlich auch schmerzlindernde Medikamente in den Körper eingebracht werden.

Bewährte Verfahren & Methoden

Neben diesen „klassischen“ Verfahren werden heute auch ergänzende Methoden eingesetzt: „Akupunktur ist nachgewiesenermaßen genauso wirksam wie ein herkömmliches Schmerzmedikament und eignet sich hervorragend für chronische Schmerz­patienten“, sagt Huber-Grünwald. „Diese Methode erspart nicht selten ein Medikament oder Schmerzpflaster.“ Ebenso empfehlenswert sind die speziellen ayurvedischen Ölmassagen. Dabei werden die Öle nach einer vorherigen Pulsanalyse individuell ausgewählt, und der Patient wird dann eine Stunde lang unter fließendem warmem Öl massiert. Das bringt echte Tiefenentspannung und entgiftet den Körper.
Doch geht es nicht nur um das passive Sich-behandeln-Lassen, sondern auch um selbstverantwortliche Aktivität. Stichwort Heilgymnastik: „Für jeden Rückenschmerz-Patienten ist es besonders wichtig, über spezielle Übungen die autochthone Rückenmuskulatur zu trainieren und dieses Training täglich zehn bis fünfzehn Minuten lang durchzuführen“, weiß Huber-Grünwald. „Auch das kann man bei einer Kur lernen, und dann geht es um die stete Anwendung, denn unser Rücken braucht Sorge und Vorsorge.“

Yoga für den Rücken  

Legen Sie sich auf den Boden, ein kleines Kissen unter den Kopf. Lagern Sie Ihre Unterschenkel entspannt und waagrecht auf der Sitzfläche eines Sofas, eines Sessels oder eines Würfelkissens. Schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich vor, wie Ihre Rückenmuskeln bei jedem Ausatmen etwas loslassen. Erinnern Sie sich an eine Zeit, in der es Ihnen gut ging und/oder Sie keine Rückenschmerzen hatten. Spüren Sie, wie unbelastet Ihr Rücken war. Verinnerlichen Sie dieses Gefühl. Bleiben Sie in dieser entspannten Haltung mindestens zehn Minuten liegen. Richten Sie sich langsam über die Seitenlage auf.

Zehn Grundregeln für eine gute Körperhaltung

  1. Kippen Sie beim Sitzen Ihr Becken möglichst nach vorn.
  2. Achten Sie darauf, dass Ihr Brustkorb „in der Höhe“ ist.
  3. Halten Sie den Kopf senkrecht nach oben und strecken Sie so die Halswirbelsäule.
  4. Atmen Sie tief und spannen Sie die Bauchmuskulatur an.
  5. Üben Sie das aktive Sitzen, indem Sie sich auf dem Stuhl mit geradem Rücken vor und zurück bewegen.
  6. Stellen Sie Ihre Beine gespreizt auf den Boden (der Mindestabstand der Knie sollte 30 cm betragen).
  7. Bücken Sie sich immer mit geradem Rücken, nie seitlich verdreht.
  8. Ziehen Sie die Schultern nicht hoch, sondern lassen Sie sie direkt am Brustkorb liegen.
  9. Wenn Sie einen Gegenstand heben, beugen Sie die Knie. Heben Sie dann mit geradem Rücken und den Knien nach außen.
  10. Achten Sie auch beim Gehen und Stehen auf eine aufrechte Körperhaltung.

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Peischinger Straße 19
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