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Keine Angst vor der Weihnachtsgans

Das traditionelle Festmahl bietet ein besonderes Duft- und Geschmackserlebnis. Es vereint eine unglaubliche Aromenvielfalt typisch winterlicher Speisen in sich.


GESUND&LEBEN-Autor Mag. Heinz Bidner aus Hollabrunn ist langjähriger Wirtschaftsjournalist, PR-Berater und Hobbykoch. Für GESUND&LEBEN hat er mit seiner Familie die perfekte Weihnachtsgans zubereitet. Foto: Felicitas Matern

Der Duft, der in die Nase steigt, ist schlichtweg betörend. Und verwirrend zugleich. Es riecht zwar nach saftigem Schweinsbraten, wärmendem Orangenpunsch, schmackhaften Maroni und heißen Bratäpfeln. Dennoch ist nichts davon in der Küche zu finden. Vielmehr brutzelt eine goldgelb gebräunte Gans im Backrohr, und auf dem Herd köchelt sämiges Rotkraut langsam vor sich hin. Gemeinsam verströmen diese beiden Speisen so vielschichtige Aromen.
Der Grund für diese Duftvielfalt liegt an den schmackhaften Zutaten. Sie vereinen so viele typisch weihnachtliche Gerüche und Geschmäcker, wie es kaum ein anderes Gericht schafft. Grund genug also, den Klassiker Weihnachtsgans mit einer besonderen Füllung für den Christtag auf die Speisekarte zu setzen. Noch dazu ist die Zubereitung kein Mirakel und kann auch dem „starken Geschlecht“ durchaus Spaß machen.

Heimische Produktion

Das Wichtigste dabei ist die frische Weidegans. Sie stammt aus heimischer Aufzucht und das Geflügel durfte sich zu Lebzeiten frei bewegen. Tiefkühlware, die noch dazu meist aus dem Ausland stammt, kann da geschmacklich nur schwer mithalten. Wer eine frische Gans bei seinem Fleischer, Lebensmittelhändler oder im Supermarkt kaufen will, sollte sie sicherheitshalber eine Woche zuvor bestellen. Denn in der Vorweihnachtszeit ist die Nachfrage besonders groß. Dann geht es los. Zuerst wird die Maroni-Apfel-Leber-Füllung zubereitet und in die gesäuberte Gans gestopft. Möglichst kompakt, damit innen kein Leerraum bleibt. Dann
müssen alle Öffnungen mit einer Bratenschnur vernäht werden (erhält man im Fachhandel). Alles zusammen dauert eine knappe Stunde. Danach kommt die Gans auf die Bratenpfanne und wandert ins Rohr.
Die Grundregel beim Gänsebraten lautet: regelmäßig das Geflügel mit dem eigenen Saft übergießen, zumindest alle 15 bis 20 Minuten. Sonst würde das gute Stück im Rohr verbrennen. Zumal Männer tendenziell weniger multitaskfähig sind als Frauen, ist es empfehlenswert, sich am Handy oder in der Küche einen Wecker zu stellen, um nicht auf ihre Zuwendung für den Braten zu vergessen. Dieses Prozedere zieht sich nun über rund vier Stunden.
Die Zeit zwischen den Gänse-Aufgüssen vergeht schnell, wenn man(n) sie gut nützt. Zuerst einmal gibt es noch Arbeit in der Küche. Jetzt muss das Rotkraut vorbereitet werden. Da das geschnittene Kraut mit dem Orangen-Zitronensaft wenigstens zwei Stunden lang in der Schüssel mariniert werden soll, ist man mit diesem ersten Arbeitsschritt rasch fertig. Nun ist das verschmutzte Geschirr an der Reihe. Es empfiehlt sich zudem, die Flasche Rotwein, die später noch für das Rotkraut benötigt wird, schon jetzt zu öffnen (und zu verkosten). Man soll ja nur hochwertige Ware verwenden – und das muss ein guter Hobbykoch natürlich überprüfen. Das kann man ruhig noch ein zweites Mal machen. Sicher ist sicher.
Auch muss der Esstisch gedeckt und weihnachtlich dekoriert werden. Vielleicht sind noch ein paar Weihnachtsgeschenke zu verpacken oder der Christbaum zu schmücken? Man kann sich auch Kaffee oder Tee machen und in einer Zeitung lesen. Oder man klickt sich durchs Internet und verschickt letzte Weihnachtsgrüße.

Der Duft von Weihnachten

Nun geht es weiter mit dem Rotkraut, das auf den Herd wandert und letztlich mit geriebenen Äpfeln verfeinert wird. In der Zwischenzeit ist die Luft mit den herrlichsten Düften erfüllt. Man riecht die bratenden Maroni und Apfelstücke – besonders intensiv, wenn das Rohr aufgeht. Der Orangensaft im Rotkraut hat sich derweil mit den anderen Zutaten verbunden. Der Geruch erinnert an warmen Punsch. Immer dichter und intensiver werden die Aromen, die durchs Haus ziehen.
Dann – nach etwa vier Stunden – ist die Gans fertig. Gerade rechtzeitig, denn unser Bauch meldet sich bereits. Wer ganz sicher sein will, steckt ein Bratenthermometer in die dickste Stelle Fleisch und wartet kurz. Das Thermometer zeigt dann die Temperatur innerhalb der Gans an. Liegt sie bei 90 Grad, ist das gute Stück durchgebraten. Liegt sie bei 100 Grad, ist das Geflügel butterweich und das Tranchieren wird zum Kinderspiel.
Apropos Kinder: Wer kleine Feinschmecker am Tisch sitzen hat, sollte vielleicht auf den Wein im Rotkraut verzichten und ihn durch Suppe ersetzen. Sofern die Kinder überhaupt Rotkraut essen. Eine alternative Beilage, die zur Gans passt und bei den Jüngsten fast ausnahmslos gut ankommt, sind Erdäpfel. Gekocht, geschält, in Spalten geschnitten und mit leicht angerösteter, fein geschnittener Petersilie und Salz versehen, sind sie ein Gedicht. Und dieses Gedicht kann die gute Stimmung am Tisch wahren. Damit steht einer schmackhaften Weihnachtsgans für alle Altersklassen und dem Weihnachtsfrieden nichts mehr entgegen.

Maroni-Apfel-Füllung   

Zutaten: 250 ml Milch, 4 mittelgroße Eier, 300 g Semmelwürfel, 50 g Butter, 100 g Zwiebeln, Leber (in der gekauften Gans enthalten), 300 g essfertige Maroni (gibt es auch fix-fertig zu kaufen), 100 g Stangensellerie, 2 säuerliche Äpfel (z. B. Topaz), 1 EL Petersilie gehackt, 1 EL Majoran gerebelt, Salz, Pfeffer
Zubereitung: Milch und Eier verquirlen, mit Semmelwürfeln gut vermischen, bis sie alles aufgesaugt haben. In der Zwischenzeit geschälte Zwiebel fein schneiden. Leber von Nervengeflecht reinigen, klein würfeln und leicht salzen. Zuerst Zwiebel in geschmolzener Butter glasig anschwitzen, dann Leber dazu und kurz anbraten. Nun geschälten Sellerie in feine Scheiben schneiden, Maroni halbieren, entkernte und geschälte Äpfel klein würfeln. Alles mit Petersilie zusammenmischen und mit Majoran, Pfeffer und Salz abschmecken.

  1. Für die Füllung werden Zutaten wie die Sellerie in kleine Stücke geschnitten.
  2. Gewürfelte Leber und Zwiebel werden in Butter angeröstet.
  3. Alle Zutaten für die Fülle werden gut vermischt.
  4. Die Gans wird beim Hals und bei der Bauchöffnung zugenäht, damit die Fülle beim Braten nicht austritt.
  5. Die Maronifülle wird mit dem Kochlöffel fest in die Gans gedrückt, damit sich beim Braten eine kompakte Masse bildet.
  6. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, verwendet ein Bratenthermometer.

Gedünstetes Rotkraut    

Zutaten: 800 g Rotkraut gewaschen, 150 ml frisch gepresster Orangensaft, Saft einer Zitrone, Salz, 1 Zwiebel (rund 100 g), 5 EL Öl, 1 EL Zucker, 150 ml Rotwein (oder Gemüsesuppe), 500 ml Gemüsesuppe zum Aufgießen, 150 g säuerliche Äpfel, 1 bis 2 EL Maisstärkemehl, Zimt gemahlen
Zubereitung: Trockene, äußere Blätter vom Rotkraut entfernen, Kopf halbieren und bis auf den Strunk ganz fein hobeln. Mit Salz und Orangen- und Zitronensaft mischen und zwei bis drei Stunden stehen lassen. Anschließend Zwiebel schälen und fein würfeln, dann in einem größeren Topf in Öl anschwitzen. Zucker, Wein, Rotkraut-Gemisch dazu geben. Immer wieder mit etwas Suppe aufgießen und umrühren, damit Rotkraut etwa 45 Minuten sanft kochen kann, bis es kernig ist. Äpfel reiben und mit einer Prise Zimt ins Kraut geben, einige Minuten mitkochen lassen. Stärke mit ein wenig kaltem Wasser verrühren und so viel davon ins Rotkraut gießen, bis eine sämige Konsistenz entsteht.

Gänsebraten    

Zutaten: (4 bis 6 Portionen): 1 bratfertige Gans (rund 3,5 kg), 250 ml frisch gepresster Orangensaft, 1 EL Honig, 1–2 EL Maisstärkemehl, 2 Suppenwürfel, Salz, Bratenschnur
Zubereitung: Federkiele aus der Haut und Fettpölster aus dem Bauchraum entfernen, Gans waschen, mit Küchenpapier abtrocknen und innen salzen. Gans bei Hals mit Bratenschnur zunähen. Die fertige Füllung gut in den Brustraum stopfen. Gans bei Bauchöffnung zunähen. Backrohr auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Gans mit Brustseite nach unten in eine große Bratenpfanne legen, etwa eineinhalb Liter Wasser mit zwei zerbröselten Suppenwürfeln einfüllen und ins Rohr stellen (2. Schiene von unten). Im Laufe der gesamten Bratzeit Gans immer wieder (etwa alle 15 bis 20 Minuten) mit eigenem Saft übergießen. Nach den ersten 45 Minuten mit Brustseite nach oben wenden. Nach weiteren drei Stunden mit Orangensaft-Honig-Gemisch bepinseln und noch einmal für 10 Minuten bei 220 Grad ins Rohr, damit Haut noch knuspriger und dunkelbraun marmoriert wird. Gans tranchieren, Saft eindicken. Dazu Fett an der Saftoberfläche mit Löffel oder Schöpfer entfernen. Stärke in kaltem Wasser auflösen. Pfanne mit Saft aufkochen, bei Bedarf Wasser dazugeben. Saft mit so viel Stärkemischung binden, bis er sämig wird.