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Empfindlich

Als hochkomplexes Sinnesorgan sollten die Ohren entsprechend geschützt werden.


Foto: istockphoto/kyolshin

Wir sehen, tasten, schmecken, riechen und hören praktisch ununterbrochen: Jeden Tag werden wir mit Millionen Sinnesreizen bombardiert, die unser Gehirn verarbeiten muss. Das Ohr gilt als unser empfindlichstes Sinnesorgan, weil es für den Gleichgewichtssinn und die Wahrnehmung akustischer Reize gleichermaßen zuständig ist. Beim Hörvorgang  gelangen die von der Ohr­muschel eingefangenen Schallwellen über den Gehörgang zum Trommelfell. Dieses beginnt zu vibrieren, wobei die Schwingungen von den Gehörknöchelchen im Mittelohr zur Gehörschnecke im Innenohr übertragen werden. Als elektrische Impulse werden sie weiter an das Gehirn geschickt, und von uns letztlich als Geräusche, Sätze oder Klänge wahrgenommen. Im Innenohr befindet sich auch das Gleichgewichtsorgan. Es besteht aus mit Flüssigkeit gefüllten Bogengängen und Säckchen. Sie reagieren auf jede Bewegung des Körpers und senden diese Informationen über Sinneszellen, die mit feinen Härchen ausgestattet sind, an das Gehirn.

Lärm macht krank

Wir schenken unseren Ohren oft zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei können sich Lärm am Arbeitsplatz, die Dauerbeschallung durch Kopfhörer sowie der Besuch von lauten Clubs und Konzerten negativ auf das Gehör auswirken. Experten schlagen bereits Alarm, dass Hörschäden bei jüngeren Menschen zunehmen. Denn intensive Lärmbelastung schädigt die feinen Härchen (Zilien) auf den Sinneszellen im Innenohr und die Fasern der Hörnerven. „Diese Überlastung im Innenohr kann vom Auftreten von Ohrgeräuschen bis zum vorübergehenden Hörverlust führen“, erklärt HNO-Arzt Dr. Harald Schlögel aus Mödling. „Oft sind diese Schäden aber nur kurz und das Gehör regeneriert sich wieder von selbst.“

Schutz vor Hörschäden

Die Sinneszellen im Gehör können sich also innerhalb von einigen Stunden erholen. „Wenn aber nach etwa 24 Stunden noch immer Beschwerden vorliegen, sollte man unbedingt einen HNO-Spezialisten aufsuchen, um eine Therapie einzuleiten“, empfiehlt Schlögel. Besonders problematisch ist es, die Ohren sehr häufig hohen Schallpegeln auszusetzen. In diesem Fall können die Zilien im Innenohr beschädigt werden oder ganz absterben. Es kommt zu irreparablen
Hörschäden. Bei lauten Konzerten oder in Diskos ist also Vorsicht geboten: Am besten größeren Abstand zu den Lautsprecherboxen halten oder Gehörschutzstöpsel verwenden. Danach möglichst eine doppelt so lange Ruhepause für die Ohren einlegen.

Ohren gut verpacken

Ähnlich empfindlich reagieren die Ohren auf Kälte. Bei eisigem Wind und nass-kaltem Wetter zu joggen, kann Ohrenschmerzen hervorrufen. „Durch niedrige Temperaturen verengen sich die Blutgefäße und die Durchblutung vermindert sich, weil sie auf die Muskulatur und körpernahe Regionen konzentriert wird“, erklärt Harald Schlögel. „Die Folgen können ein Taubheitsgefühl in der Ohr­muschel bis hin zu Erfrierungserscheinungen sein.“ Noch dazu ist die Haut an den Ohren besonders dünn, wodurch sie schneller auskühlen. Ärzte raten daher zu einem entsprechenden Wärmeschutz beim Sport in der kalten Jahreszeit. Um Kälteschmerzen oder Erfrierungen zu verhindern, eignen sich warme Mützen,
Stirnbänder oder Ohrenschützer.  

Wasser im Ohr

Beim Schwimmen kann es leicht vorkommen, dass Wasser in den Gehörgang eindringt. Gelingt es nicht, das Wasser durch kräftiges Kopfschütteln oder Föhnen des Gehörgangs loszuwerden, sollte ein HNO-Arzt aufgesucht werden. Denn Wasser im Ohr wird nicht nur als unangenehm empfunden – es kann die Hörfähigkeit herabsetzen und im schlimmsten Fall zu einer Gehörgangs-Entzündung führen. Schlögel: „Feucht- und Pfützenkeime verursachen die äußerst schmerzhafte und rasch verlaufende Erkrankung.“ Begleitet wird diese sogenannte „Schwimmbad-Otitis“ von Ohrenschmerzen, Juckreiz und dem Austreten von Sekret. Sind die Gehörgänge bereits gereizt oder wurden sie durch Wattestäbchen verletzt, haben die Keime leichtes Spiel, in die Haut einzudringen. Aus diesem Grund raten Ärzte von der Reinigung der Ohren mit Wattestäbchen ab: Dabei wird der wichtige Schutzfilm im Ohr (Ohrenschmalz hält Krankheitserreger ab) abgetragen und der Gehörgangshaut kleine Verletzungen zugefügt. Besser ist es, überschüssiges Ohrenschmalz mit Ohrenöl schonend zu beseitigen.

„Der Gehörgang reinigt sich selbst“

Sind Wattestäbchen für die Ohrenreinigung zu empfehlen?
Aus Ärztesicht ist die Selbstreinigung des Gehörganges mit Wattestäbchen oder anderen mechanischen Reinigungsinstrumenten abzulehnen. Der Gehörgang reinigt sich bei den meisten Patienten nämlich von selbst. Wenn man unter vermehrter Ohrenschmalzbildung leidet, ist die regelmäßige Anwendung von Ohrenöl sinnvoll. Dieses Öl bekommt man als Tropfen oder Spray in der Apotheke.

Welche Folgen kann das Hantieren mit Wattestäbchen im Gehörgang haben?
Es kommt zu einer Schädigung der Haut, weil die oberflächliche Schutzschicht mit der Zeit abgetragen wird. Dadurch wird der Gehörgang verletzlich und empfindlich. Typische Symptome von dadurch begünstigten Gehörgangsekzemen sind Jucken, ziehender leichter Schmerz und ein Feuchtigkeitsgefühl im Ohr.

Ist der Einsatz von Ohrenkerzen sinnvoll?
Die Verwendung von Ohrenkerzen ist ein taugliches Verfahren, um die Ohren von Ohrenschmalz zu reinigen. Einerseits wird durch das Verbrennen der Kerze Wärme erzeugt, die das Ohrenschmalz aufweicht. Andererseits sind die Kerzen innen hohl – so entsteht ein Kamin-Effekt, bei dem das Ohrenschmalz an den Kerzen haftet.

Kann das nicht gefährlich werden?
Gefahr besteht nur, wenn das flüssige Wachs in den Gehörgang tropft und es dann zu sehr schmerzhaften Verbrennungen der Gehörgangshaut oder einer Perforation des Trommelfells kommt. Vor allem bei Kindern rate ich daher von dieser Anwendung ab, weil abrupte Kopfbewegungen nicht verhindert werden können und damit die Gefahr von Verletzungen unverhältnismäßig hoch ist.

Dr. Harald Schlögel ist Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in Mödling.