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Ein neues Leben

Christoph Hörmann, Leiter der Anästhesie im Uniklinikum St. Pölten, ist seit Jahresbeginn Transplantationsreferent für Niederösterreich und das Burgenland.


foto: istockphoto

„Ein Dialyse-Patient muss dreimal pro Woche für einen halben Tag ins Klinikum. Ihm geht es einen halben Tag vor der Dialyse nicht mehr richtig gut, den halben Tag danach auch nicht. Für ihn ist eine neue Niere wie ein neues Leben, ebenso wie ein Spender-Herz für Menschen, bei denen die Herzfunktion immer schwächer wird und die sich deshalb kaum mehr bewegen können. Wenn man solche Menschen kennt, und ich kenne viele, dann muss man sich einfach für das Thema Organspenden einsetzen.“ Prim. Assoc. Prof. Dr. Christoph Hörmann leitet die Klinische Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin im Uniklinikum St. Pölten seit 2009. Davor war er als Oberarzt an der Universitätsklinik für Anästhesie und allgemeine Intensiv­medizin der Med-Uni Innsbruck und von 2002 bis 2012 Transplantationsreferent für die Region West. Transplantationsreferent ist er jetzt auch wieder, und zwar gemeinsam mit dem Wiener Arzt Dr. Hubert Hetz für die Region Ost. Hörmann ist zuständig für Niederösterreich und das Burgenland.

Thema soll kein Tabu sein

Hörmann wünscht sich, dass das Thema Organspende in möglichst vielen Familien besprochen wird. Bei vielen Angehörigengesprächen hat sich gezeigt, dass es betroffenen Hinterbliebenen viel Sicherheit gegeben hat, wenn das Thema Organspende bereits zu Lebzeiten geklärt wurde. „In Österreich ist für die Post-mortem-Organspende die Widerspruchslösung gesetzlich verankert, die vorsieht, dass man sich schon zu Lebzeiten gegen eine Organspende für den Fall des Ablebens ausspricht – im Widerspruchregister bei ÖBIG-Transplant oder in anderer geeigneter Form, z. B. Notar, Patientenverfügung, Information der Angehörigen. „Gelebte Praxis an den Intensivstationen Österreichs ist es, dass nach Abschluss der Hirntod-Diagnostik einerseits das Widerspruchsregister abgefragt wird und andererseits die Angehörigen des Patienten über die geplante Organentnahme informiert werden. Sollte hierbei von den Angehörigen mündlich der Widerspruch des verstorbenen Patienten überbracht werden, wird dies selbstverständlich berücksichtigt und von einer Organentnahme abgesehen.“

„Zuerst werden alle Erkenntnisse und technischen Möglichkeiten der modernen Medizin (neurochirurgische Operationen, anästhesiologische Intensivmedizin, Organersatztherapie etc.) eingesetzt, um das Leben des Patienten zu erhalten. Erst wenn trotz aller dieser Maßnahmen das Überleben wegen der Schwere der Kopfverletzungen beziehungsweise des Ausmaßes der Hirnschädigung nicht möglich ist, wird die Hirntod-Diagnostik gemäß den Empfehlungen des Obersten Sanitätsrates durchgeführt“, betont Hörmann. „Bei einer Organspende steht am Anfang immer das Leid der Hinterbliebenen, da ein geliebter Angehöriger verstorben ist. Auch für den Transplantationsreferenten ist eine Spendermeldung kein Anlass zum Jubeln. Auf der anderen Seite ist es Aufgabe des Transplantionsreferenten, die Identifizierung und Betreuung der Organspender möglichst gut zu unterstützen, um bei möglichst allen auf der Intensivstation am Hirntod verstorbenen Patienten eine Organspende zu ermöglichen und damit den Patienten auf der Transplantationswarteliste zu helfen.“ Für manche Hinterbliebene ist die Akzeptanz des Todes nach Abschluss der Hirntod-Diagnostik besonders schwierig: Da auf der Intensivstation Teile der Hirnfunktionen maschinell ersetzt werden können (Beatmung, medikamentöse Kreislaufregulation), schlägt das Herz des Verstorbenen, bis die Beatmungstherapie beendet wird. „Ich verstehe, dass es in dieser Situation für die Angehörigen sehr emotional und auch schwierig ist, zu verstehen, dass das Leben am Ende ist.“ Erst wenn der Tod von den Angehörigen restlos verstanden und akzeptiert ist, ist der Zeitpunkt gekommen, das Thema Organspende anzusprechen. Ziel dieses Gespräches ist es, dass die Angehörigen im Falle einer Organspende mit diesem Schritt leben können.

Die Organspende in Österreich ist altruistisch organisiert. Ein Missbrauch kann durch komplexe Kontrollmechanismen ausgeschlossen werden. Zusätzlich wird das Transplantationswesen durch den Rechnungshof geprüft. Trotz aller Bemühungen und Maßnahmen, die potentiellen Organspender zu identifizieren und die Organspende reibungsfrei zu organisieren, beträgt die Wartezeit für eine Nierentransplantation rund drei Jahre.

Um auf das Bild vom Dialysepatienten zurückzukommen: Hörmann kennt zahlreiche dieser Menschen, die anfangs noch recht fit sind, aber nach ein, zwei Jahren geht es ihnen immer schlechter. Nur die neue Niere beendet dieses anstrengende Leiden. Passt ein Spenderorgan zu keinem Empfänger in Österreich, geht es über Eurotransplant dorthin, wo es gebraucht wird – und umgekehrt.
Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, gut
passende Organe zu finden. Wichtig ist Hörmann auch das Thema Lebendspende: Ein gesunder Erwachsener kann zu Lebzeiten für dialysepflichtige Angehörige eine Niere spenden. Dies verkürzt die Wartezeit an der Dialyse enorm.

Prim. Assoc. Prof. Dr. Christoph Hörmann leitet die Klinische Abteilung für Anästhesie und Intensiv-medizin im Universitätsklinikum St. Pölten. Als Transplantationsbeauftragter ist er rund um die Uhr erreichbar unter 0664/1146838.

Universitätsklinikum St. Pölten
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