< vorhergehender Beitrag

Diabetes: Kennen Sie Ihr Risiko?

Jeder von uns sollte sein Diabetes-Risiko checken. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind der erste Schritt. Den Lebensstil zu ändern sollte für viele von uns der nächste sein.


fotos: istockphoto/ratmaner

Über 600.000 Menschen in Österreich leben mit Diabetes. Das entspricht acht bis neun Prozent der Bevölkerung! Allerdings wurde nur bei rund 400.000 der Betroffenen eine ärztliche Diagnose gestellt. Das bedeutet, dass es eine sehr hohe Dunkelziffer von Menschen gibt, die noch nichts von ihrer Erkrankung wissen. Das wiederum liegt auch daran, dass diese Stoffwechselstörung, bei der es zu erhöhten Blutzuckerwerten kommt, anfangs keine Schmerzen bereitet und dass es auch meist lange dauert, bis sich Symptome einstellen. Wenn etwa starker Durst, häufiges Wasserlassen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Kraft­losigkeit oder eine Infekt-Neigung auftreten, ist die Krankheit meist bereits fortgeschritten – der chronisch überhöhte Blutzucker schädigt auf Dauer Nerven und Gefäße und führt zu einer Vielzahl von Folgeschäden.

Nehmen Sie Vorsorge ernst!

Früherkennung ist daher das Stichwort, dem wir alle folgen sollten. „Angesichts der hohen Inzidenz und der in den letzten Jahren massiv steigenden Betroffenen-Zahlen ist es für jeden Einzelnen umso wichtiger, die Vorsorgeuntersuchung regelmäßig in Anspruch zu nehmen, denn dabei werden auch Nüchtern-Blutzuckerkontrollen durchgeführt“, sagt die stellvertretende Ärztliche Leiterin des Lebens.Resort Ottenschlag, Dr. Sigrid Ruth. Sie legt diese Vorsorge allen ab dem 18. Lebensjahr dringend ans Herz. Und: Wer bereits übergewichtig ist, eine genetische Belastung oder andere Risikofaktoren für Diabetes hat, sollte das gegebenenfalls auch schon in jüngeren Jahren tun, denn die Krankheit betrifft auch immer mehr Kinder und Jugendliche. „Bei höherem Risiko empfiehlt sich außerdem eine zusätzliche Langzeitzuckerwertbestimmung oder ein Zuckerbelastungstest. Diese Untersuchungen sind nicht in der Routinevorsorge enthalten und müssen vom behandelnden Arzt angefordert werden“, erklärt die Expertin, die hier auch die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen anspricht. „Die genetische Veranlagung etwa ist ein bedeutender Risikofaktor, aber nicht immer kennt der Hausarzt die gesamte Familiengeschichte. Es liegt daher auch an den Betroffenen, wichtige Zusatzuntersuchungen einzufordern.“

Wichtige Untersuchungen

So spiegelt die Bestimmung des Hämoglobin A1c (HBA 1c) bei der Langzeitblutzuckerkontrolle den Blutzuckerspiegel der vorangegangenen sechs bis acht Wochen wider und liefert damit ein weitaus deutlicheres Bild als die bloße Bestimmung des Nüchternblutzuckers. Dafür ist eine einfache Blut­abnahme nötig.
Der sogenannte Orale Glukose-Toleranztest (oGTT), der Zuckerbelastungstest, bestimmt zunächst am Morgen den Nüchternblutzucker. Patienten dürfen davor acht bis 14 Stunden lang nichts essen und sollten auf Alkohol, Tee und Kaffee verzichten. Zwei Stunden nach der Einnahme einer Glukoselösung wird dann die Zuckerkonzentration im Blut erneut gemessen. So kann eine gestörte Glukosetoleranz oder ein manifester Diabetes mellitus festgestellt werden.

Achtung: Übergewicht & Bauchfett!

Wie gesagt sollten diese Zusatzuntersuchungen in erster Linie Menschen mit erhöhten Risikofaktoren durchführen lassen. Vor allem bei Typ-2-Diabetes, früher Altersdiabetes genannt und die weitaus häufigste Form der Erkrankung, bildet die genetische Veranlagung die Grundlage, auf der dann lebensstilbedingte Faktoren die Krankheit begünstigen. „Wenn Verwandte ersten Grades Typ-2-Diabetiker sind, beträgt die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens ebenfalls zu erkranken, bis zu 60 Prozent“, erklärt Ruth.
Was die lebensstilbedingten Risikofaktoren betrifft, so sind Übergewicht und Bewegungsmangel ganz wesentlich. „Sowohl generelles Übergewicht als auch vermehrtes Fettgewebe im Bauchraum erhöhen das Diabetesrisiko signifikant“, sagt Ruth. „Ein Maß für das Diabetesrisiko ist daher nicht nur der Body-Mass-Index BMI, sondern insbesondere der Taillenumfang.“ So haben etwa Männer mit einem Taillenumfang von mehr als 102 Zentimeter ein 3,4-fach erhöhtes Diabetesrisiko. Bei Frauen liegen die kritischen Werte bei über 88 Zentimeter.

Riskante Ernährungsgewohnheiten

Das Stichwort Übergewicht führt uns zum Essen, und hier zeigt sich, dass es bestimmte Ernährungsgewohnheiten gibt, die die Entwicklung von Typ-2-Diabetes zu begünstigen scheinen. „Vor allem Fast Food, energiedichte Lebensmittel, viel Fleisch und Wurst, reichlich Süßes auf der einen Seite, wenig Obst und Gemüse, Ballaststoffe und Vollkornprodukte auf der anderen Seite erhöhen das Diabetesrisiko“, weiß die Expertin. Sie betont auch den Faktor Stress beim Essen. Und wer von uns kennt das nicht: Wir nehmen uns nicht ausreichend Zeit für die Mahlzeiten, wir stopfen zwischendurch gedankenlos irgendetwas in uns hinein, wir essen den ganzen Tag nichts oder kaum etwas und schlagen dann am Abend voll zu.
Nimmt man Kohlenhydrate in Form von reinem Zucker, zuckerhaltigen Getränken, Süßigkeiten oder Weißmehlprodukten zu sich, steigt der Blutzucker sehr rasch an. Das bringt kurzfristig Energie, liefert dem Körper aber keine weiteren wichtigen Nährstoffe. So ist die Glukose im Blut bald verbraucht, der Blutzuckerspiegel sinkt auch rasch wieder.  

Das tödliche Quintett

Einen erheblichen Einfluss auf die Entstehung von Typ-2-Diabetes hat auch das metabolische Syndrom. Damit ist das gemeinsame Auftreten mehrerer Symptome bzw. Krankheitsbilder gemeint: Übergewicht, insbesondere im Bauchraum, erhöhte Nüchternblutzucker- und Blutfettwerte sowie Bluthochdruck. Mittlerweile rechnen Wissenschaftler noch ein weiteres Krankheitsbild dazu: die Fettleber, bedingt durch falsche Ernährung oder Alkohol. Last but not least können auch manche Medikamente das Diabetesrisiko erhöhen. Dazu zählen vor allem Kortison, manche
Präparate gegen erhöhten Blutdruck sowie einige Antidepressiva und Neuroleptika.

Was gesunder Lebensstil kann

Im Lebens.Resort Ottenschlag wissen die Experten um all diese Dinge, und sie wissen auch, dass bei Diabetes mit Lebensstilmaßnahmen entscheidend gegengesteuert werden kann. Tatsächlich ist heute etwa bekannt, dass ein gesunder Lebensstil bis zu 70 Prozent aller Fälle von Typ-2-Diabetes verhindern kann und dass sich dadurch auch das Risiko für Folgeschäden bei schon bestehender Krankheit senken lässt.
„Bei uns werden Patienten in allen Stadien der Erkrankung betreut. Wir haben Konzepte für Menschen, die unter Übergewicht leiden, aber noch keinen Diabetes haben, und bei denen wir präventiv arbeiten. Ebenso unterstützen wir Diabetiker, die entweder durch Lebensstilmaßnahmen oder durch Medikamente bereits gut eingestellt sind, und solche, die schon Insulin spritzen müssen oder auch bei uns damit beginnen“, erklärt Ruth.

Rehabilitation des Stoffwechsels

Ein dreiwöchiges Stoffwechsel-Rehabilitationsprogramm wie das des Lebens.Resort baut auf den drei Säulen ärztliche Betreuung, Ernährungs- und Bewegungstherapie auf. Zu Beginn erstellt ein Arzt gemeinsam mit den Patienten ein individuelles Therapieprogramm, wobei neben der eventuell notwendigen medikamentösen Behandlung der Schwerpunkt in der Änderung des Lebensstils liegt. Ein wichtiges Element des Programms sind auch die umfassenden Schulungen durch Ärzte, Diätologinnen, Psychologinnen und Bewegungstherapeuten, bei denen man lernt mit den Besonderheiten der individuellen Stoffwechselstörung umzugehen. Ziel dabei ist es, die notwendige Eigenbeobachtung und die Blutzuckerselbstkontrolle zu erlernen.
„Unsere Patienten werden so auch zur Ernährungsumstellung motiviert, denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass allein durch die richtige Ernährung viele Stoffwechselstörungen dauerhaft verbessert oder beseitigt werden können“, erklärt Ruth. Daher erhalten alle Patienten ein maßgeschneidertes Ernährungsprogramm, das sie auch zu Hause weiterführen können. Ebenso maßgeschneidert wird das individuelle Bewegungsprogramm. „Wir achten darauf, dass bei jedem Patienten Kraft- und Ausdauertraining optimal kombiniert werden, denn so lassen sich die besten Erfolge erzielen“, sagt Ruth. Sie weist auch darauf hin, dass die Bewegungsfähigkeit bei Bedarf durch gezielte physikalische Therapien wie Heilmassagen, Elektrotherapien, Heilbäder und Packungen verbessert wird. Zudem gibt es für alle Patienten regelmäßige Blutzucker- und Blutdruckkontrollen, um zu überprüfen, ob die Therapie anschlägt.

Selbst aktiv werden!

Das tut sie in den allermeisten Fällen. „Die Änderung des Lebensstils wirkt sich effektiv und sehr prompt aus. Gesündere Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten lassen sich in der Regel schon nach ein paar Tagen – vor allem an den verbesserten Blutzuckerwerten – ablesen, und das ist auch für die Patienten selbst sehr motivierend“, berichtet Ruth.
Stichwort Motivation: Was sich zu Hause auf eigene Faust oft schwer durchziehen lässt, fällt in der Gruppe meist viel leichter. Und: Durch die ärztlichen Kontrollen der individuellen Werte erlebt man unmittelbar, was es bringt, wenn man selbst aktiv wird. Selbst aktiv zu werden und es auch nach dem dreiwöchigen Rehabilitationsaufenthalt zu bleiben ist das erklärte Ziel des Programms. Nur so können Sie Ihren Diabetes dauerhaft in den Griff bekommen und Ihre Lebensqualität steigern.

Diabetes: Die Krankheit   

Diabetes mellitus umfasst chronische Stoffwechselstörungen, bei denen zu wenig Insulin gebildet wird. Gemeinsames Symptom aller unbehandelten Patienten sind erhöhte Blutzuckerwerte. Während Diabetes mellitus Typ 1 durch eine immunologisch bedingte Zerstörung von Inselzellen mit absolutem Insulinmangel verursacht wird, spielen bei Diabetes mellitus Typ 2 besonders Insulinresistenz und die Lebensgewohnheiten eine große Rolle. Als Haupt­ursachen dafür gelten Stress, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und vor allem bauchbetontes Übergewicht. Das Gefährliche an Diabetes ist, dass er schleichend entsteht. Viele Betroffene erhalten die Diagnose erst, nachdem bereits eine schwere Folgeerkrankung wie Herzinfarkt, Schlaganfall, eine Verminderung der Sehfähigkeit oder der Nierenfunktion eingetreten ist.