„Dazwischen muss man halt erwachsen leben“
Andreas Steppan ist ab 7. Juli auf der Seebühne in Mörbisch zu sehen – als edelmütiger Konsul verzichtet er auf die große Liebe. Im echten Leben liebt er seine Frau Anke – und gutes Essen.
In einem entzückenden Knusperhäuschen mit Garten in Maria Enzersdorf wohnt Andreas Steppan seit fünf Jahren mit seiner Frau Anke. Zwischen seinen Schauspiel- und anderen Engagements führt er ein bewusstes und beschauliches Leben abseits der Öffentlichkeit; das sei heilsam und energiefördernd – ein intaktes Privatleben braucht ein Künstler, wie Steppan einer ist. „Wer vom Applaus abhängig ist und ein Leben auf der Bühne führt, ist in Wirklichkeit nur einsam.“
In seinem Garten blüht, riecht, flattert, zwitschert es wie wild und mittendrin steht ein kleines Holzhaus, „das habe ich für meine Enkelin gebaut“, sagt der ehemalige „Selfman“ einer Baumarkt-
Werbung stolz. Er müsse nur noch das Dach decken, dann sei die kleine Hütte perfekt. Das handwerkliche Tun macht ihm den Kopf frei: „Wenn ich mir einen anderen Beruf wünschen würde, dann wäre es Tischler“, überlegt er, auch wenn er weiß, dass mit jeder Verpflichtung die Romantik vergeht, auch im Berufsleben.
Traumrolle: Cowboy
In einem Aufsatz in der Volksschule schrieb er: „Ich möchte Schauspieler werden“ – weil er dachte, dann müsse er sich nicht entscheiden und könne in jeden Beruf schlüpfen. Seine wahre Lieblingsrolle, die des Cowboys, hat er aber noch nie gespielt. Dafür reihen sich im Vorzimmer die Cowboystiefel Absatz an Absatz und warten auf ihren nächsten Ausritt oder zumindest Auftritt.
Im Sommer steht er erstmals auf der Bühne der Seefestspiele Mörbisch, spielt den Konsul in der Operette „Viktoria und ihr Husar“. Da darf er einen edelmütigen Mann spielen, der seine große Liebe frei gibt und trotzdem Haltung bewahrt, „einen Loser, aber mit erhobenem Kopf“. Er spielt das erste Mal in einer Operette mit, das kommt seinem Lebensprinzip nahe, immer etwas Neues auszuprobieren. Jeden Tag das Gleiche tun entspreche nicht seinem neugierig gebliebenen Kind, das sich schnell langweilt: Singt er, möchte er schauspielen und umgekehrt. Der ständige Drang nach Veränderung halte ihn in Bewegung.
Existenzsorgen bleiben
Steppan steht seiner Popularität gelassen gegenüber, nimmt seinen Beruf nicht so wichtig und hält es mit einem Zitat von Anthony Hopkins: „Wir machen hier keine Gehirnoperationen.“ Hopkins meint damit, dass kein Leben von dem Job Schauspieler abhänge. Dass aber Steppans Leben dann doch von seinem Schauspielertum abhängig ist, wird ihm immer dann bewusst, wenn die Existenzsorgen auftauchen, die so viele selbstständige Künstler plagen: „Man ist zwar schon privilegiert, weil man nicht jeden Tag um sieben Uhr aufstehen muss, aber oft ist es auch eine Zwangspause“, gesteht Steppan, der dann seinen Tatendrang im Garten oder beim Heimwerken austobt.
Aber Steppan braucht sich momentan keine Sorgen zu machen, er bereitet sich gerade auf seine neue Rolle vor. Und wenn er wochen- und monatelang in Proben und Vorstellungen steckt, kommt ihm eines zugute: Der gebürtige Linzer kann gut zwischen Privat- und Berufsleben trennen. „Wenn ich eine Rolle spiele, erfasse ich die Figur durch den Text, das großartige In-die-Rolle-Schlüpfen gibt es nicht mehr, aber jeder Schauspieler geht anders damit um.“ Steppan sieht halt alles ein bisschen entspannter und pragmatischer: „Seinen Text können und pünktlich sein ist schon die halbe Miete.“ Trotzdem peitscht ihm nach einem Auftritt das Adrenalin durchs Blut und er braucht seine Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Da hilft zum Beispiel ein gutes Essen: „Ich esse nicht nur gerne, sondern auch gerne viel, bin zwischen Feinschmecker und Vielfraß. Die ganze Haute Cuisine ist mir einfach zu viel Dekoration, ich steh auf Hausmannskost mit ein bisschen Jamie Oliver“, gibt er offen zu. Früher sei er auch gerne mit seinen Kollegen nach der Vorstellung einen trinken gegangen, diese Zeiten seien jedoch vorbei: „Je älter man wird, desto mehr wünscht man sich zu Hause zu sein.“ Statt ein Gläschen zu heben, schwingt er lieber gemeinsam mit seiner Frau Töpfe und Pfannen. Vom Ratschlag, abends nichts mehr zu essen, hält Steppan nicht viel, eine Ernährungsberaterin habe ihm gesagt, er solle nur nicht gleich nach dem Essen schlafen gehen und diesem Rat folge er. Nur an einem müsse er noch arbeiten, sein innerer Schweinehund ist derzeit recht aktiv: „Ich sollte mehr Sport treiben. Früher bin ich viel gelaufen oder Rad gefahren.“ Seit er zu viele Umzugskisten geschleppt hat, tut ihm das Rückgrat weh und er buddelt lieber im Garten herum.
Das Alter kann er schon spüren – wie alles nachlässt und zu hängen beginne, von den Augen bis zum Bindegewebe: „Ich stecke schon mitten drinnen im Altern, mein Körper ist 56, manchmal fühle ich mich wie 76. Aber im Herzen bin ich 26 geblieben und meine Frau sagt, ich bin manchmal wie sechs. Dazwischen muss man halt erwachsen leben, das Bürokratische erledigen und Geld verdienen. Existenzsorgen schleppt man immer mit sich rum – aber das tun auch die Reichen“, weiß Steppan.
Könnte er sich etwas wünschen, wäre er gerne unsterblich – aber nicht aus Angst vor dem Tod, sondern „weil ich noch so viel zu erledigen habe, ich finde es schade, wenn es einmal einfach aufhört.“ Und da fällt ihm wieder sein guter Vorsatz ein, der mit dem Sportmachen. Und noch was fällt ihm ein – ein Zitat von einem Sportmediziner, der sagte: „Wer Sport treibt, lebt nicht länger, aber kann länger sein Leben genießen und seinen Körper so einsetzen, wie er ihn braucht.“
Steckbrief
Andreas Steppan
1959 in Linz geboren, zog mit sechs Jahren in die Südstadt. Er ist seit 1981 Schauspieler, das Max-Reinhardt-Seminar schloss er nicht ab. Seine Karriere startete er mit einem Auftritt in der ORF-Sendung „Die große Chance“ mit seiner legendären Sammy-Davis-Junior-Parodie. Es folgten Theaterengagements an allen möglichen und unmöglichen Bühnen Wiens, von der Kleinen Komödie über die Kammerspiele bis zum berühmten Kabarett Simpl, wo er fünf Jahre lang 200 Mal pro Jahr auftrat. Zu seinen Lieblingsrollen zählen der Oscar in „Ein seltsames Paar“, der Barney in „Der letzte der feurigen Liebhaber“, beide von Neil Simon, und der Mike Connor sowie C. K. Dexter Haven im Musical „High Society“. Von 2005 bis 2010 leitete er als Intendant die Komödienspiele Mödling. In Deutschland war er der Ültje-Mann und in Österreich von 1991 bis 2001 der Heimwerker der Nation, besser bekannt unter dem Pseudonym „Selfman“.