Das Kunststück Schlaf
Gut zu schlafen will gelernt sein. GESUND&LEBEN hat Tipps, wie Ihnen das gelingt.
Mit dem Schlaf ist es so eine Sache: „Der Schlaf ist wie eine Taube: Streckt man die Hand nach ihr aus, setzt sie sich drauf. Greift man nach ihr, fliegt sie weg.“ So formulierte es im 19. Jahrhundert der Schweizer Neuropathologe und Psychotherapeut Paul Charles Dubois. Und tatsächlich ist der Schlaf kein einheitlicher Zustand, der sich willentlich steuern lässt, sondern ein eigener dynamischer Prozess, der mit speziellen Aktivitäten des Gehirns einhergeht und von verschiedenen Mechanismen reguliert und kontrolliert wird. Trotzdem: Der Mensch verbringt etwa ein Drittel seines Lebens schlafend, und der erholsame Schlummer ist Grundvoraussetzung für seelisches und körperliches Wohlbefinden.
Welche genauen Funktionen der Schlaf hat, ist bis heute allerdings eine von der Wissenschaft nicht vollständig beantwortete Frage. Was wir – und viele von uns aus eigener leidvoller Erfahrung – aber mittlerweile wissen, ist, dass Schlafentzug oder andauernder schlechter Schlaf die Lebensqualität merklich mindert und in weiterer Folge zu Krankheiten führen kann.
Was den Schlaf stört
Schlafforscher warnen davor, bei Schlaflosigkeit gleich zu Medikamenten zu greifen. Denn mittlerweile ist bekannt, dass man für eine gute „Schlafhygiene“ bestimmte Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen nutzen kann, um einen gesunden, erholsamen Schlaf zu ermöglichen oder zu fördern und Schlafstörungen hintanzuhalten. Denn zu einem Gutteil können verschiedene psychische und körperliche Belastungen den Schlaf aus dem Gleichgewicht bringen. Dazu zählen auch äußere Einflüsse wie Licht, Lärm, Raumtemperatur, enge Schlafkleidung, eine ungeeignete Matratze oder ein schlechtes Bett. Aber auch falsche Ernährung, Alkohol-, Nikotin- und Koffeingenuss können Schlafstörungen auslösen oder bestehende Probleme verstärken. Letzteres kann auch passieren, wenn die Aufsteh- und Zubettgehzeiten unregelmäßig sind, oder wenn man versucht, länger als notwendig zu schlafen, weil man zum Beispiel fälschlicherweise davon überzeugt ist, dass acht Stunden ein zwingendes Mindestmaß sind.
Gute alte Schlafhygiene
Wenn Sie den vorhergehenden Abschnitt aufmerksam gelesen haben, kennen Sie die wichtigsten Grundregeln der Schlafhygiene schon. Es geht darum, einen Rhythmus zu finden und beizubehalten, vor dem Zubettgehen auf Alkohol, Nikotin und Kaffee sowie zu große Mahlzeiten zu verzichten und die Schlafumgebung angenehm und schlaffördernd zu gestalten. Wer sich daran hält, hat schon viel gewonnen, doch es gibt noch ein paar weitere Tipps, wie Sie zu Ihrem guten Schlaf kommen. So wird etwa empfohlen, zwischen dem Alltag und dem Zubettgehen eine Pufferzone zu schaffen, denn wenn sich der Schlaf unmittelbar an den Alltag der Arbeit und des Stresses anschließen soll, sind Einschlafprobleme oft quasi vorprogrammiert. Die Planung des nächsten Tages oder schwierige Familiengespräche sollten deshalb etwa zwei Stunden vor dem Zubettgehen abgeschlossen sein. Wen Sorgen und Grübeleien weiter quälen, dem kann es oft helfen, diese rechtzeitig in einem Tagebuch „abzulegen“. Günstig ist auch ein regelmäßiges Zubettgeh-Ritual mit einer Abfolge von immer gleich durchgeführten Handlungen. Das kann helfen, den Körper schon im Vorfeld auf die Schlafenszeit einzustimmen, sollte aber nicht mehr als dreißig Minuten in Anspruch nehmen.
Wenn Sie nachts aufwachen
Hat man für ein gutes Einschlafen gesorgt, so ist leider oft noch immer nicht die ganze Nacht gewonnen. Durchschlafstörungen plagen viele gestresste Zeitgenossen, die dann immer wieder aufwachen und oft nicht mehr einschlafen können. Eine wichtige Maßnahme dagegen ist erst einmal den Wecker und alle Uhren aus dem Schlafzimmer zu verbannen. Denn wer nachts auf die Uhr blickt, löst zumeist direkt entsprechende gedankliche und körperliche Reaktionen aus und raubt sich damit die notwendige Unbefangenheit gegenüber dem Schlaf.
Außerdem sollte man es vermeiden, Licht aufzudrehen, wenn man nachts aufwacht, denn helles Licht wirkt als Muntermacher und kann unsere innere Uhr „verstellen“. Das dritte Verbot für Durchschlafgestörte betrifft das Essen: Regelmäßiges Essen in der Nacht führt schon innerhalb kurzer Zeit dazu, dass der Körper nachts von selbst wach wird, weil er erwartet, dass er „gefüttert“ wird.
Der Morgen danach
Bleibt noch der Morgen, und hier empfehlen die Schlafexperten sich nach dem Aufstehen nach Möglichkeit etwa eine halbe Stunde lang dem Tageslicht auszusetzen. Denn dieses Licht, das übrigens auch an einem grauen bedeckten Tag bei weitem heller ist als die künstliche Raumbeleuchtung, hilft, den Schlaf-Wach-Rhythmus zu stabilisieren und hat gleichzeitig stimmungsaufhellende Wirkung.
Vielleicht haben Sie jetzt auch den einen oder anderen Gedanken, was Sie selbst sonst noch tun können, um sich einen erholsamen Schlaf zu sichern, aber vielleicht denken Sie auch, dass viele der Schlafhygiene-Regeln bedeuten, dass Sie auf die eine oder andere lieb gewonnene Gewohnheit verzichten müssen. Möglicherweise ist das tatsächlich so, aber eine gute Schlafhygiene bedeutet andererseits sicher kein Leben auf Sparflamme. Für viele von uns wäre es vermutlich hoch an der Zeit, zum Beispiel die Abendgestaltung zu überdenken und anders als sonst noch schnell vor dem Schlafengehen alles für den nächsten Tag zu erledigen oder mit Chips und Bier vor dem Fernseher einzunicken. Denn schließlich müsste uns allen daran gelegen sein, wie der Schriftsteller und Kabarettist Joachim Ringelnatz aufzuwachen: „Ich bin so knallvergnügt erwacht. Ich klatsche meine Hüften. Das Wasser lockt. Die Seife lacht. Es dürstet mich nach Lüften. Aus meiner tiefsten Seele zieht, mit Nasenflügelbeben, ein ungeheurer Appetit, nach Frühstück und nach Leben.“